So schön authentisch

Anmerkungen zu unserem Umgang mit historischer Theaterarchitektur

Opernwelt - Logo

Paris, 1833: Die Inszenierung von Aubers Oper «Gustave III ou Le bal masqué» hatte es dem schwedischen Botschafter ganz besonders angetan. Das Bühnenbild des letzten Akts, der Bühnenraum des Opernhauses in Stockholm, schien ihm so täuschend echt, dass er sich für einen Moment in der Heimat wähnte. 185 Jahre später scheinen uns solche Reaktionen reichlich naiv. Die enormen technischen Fortschritte und nicht zuletzt der Glanz opulenter Filmproduktionen haben schlichtem Illusionstheater den Garaus gemacht.

Natürlich könnte man täuschend Echtes auch auf der Opernbühne versuchen.

Aber es bliebe doch immer weit hinter den Möglichkeiten von hightech-bewegten Bildern im Kino zurück. Auch wenn der kulinarisch orientierte Teil des Opernpublikums nichts gegen minutiöse Repliken «originaler» Intérieurs einzuwenden hätte: Stillschweigende Übereinkunft unter Theaterdirektoren, Regisseuren und vielen anderen verweigert sich solchen Sehnsüchten.

Doch vor der Bühne sieht es anders aus. Wer die 2003 aus der Asche wiedererstandene Fenice in Venedig besucht, findet dort (und nur dort) fast jedes Detail der Architektur von 1837 wieder. Natürlich fehlt die Patina, alles glänzt ein bisschen zu sehr, ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt April 2018
Rubrik: Einspruch aus dem Elfenbeinturm, Seite 74
von Anselm Gerhard

Weitere Beiträge
Personalien | Meldungen April 2018

JUBILARE

Kerstin Meyer kam 1928 in Stockholm zur Welt. Am Königlichen Konservatorium ihrer Heimatstadt studierte sie Gesang bei Adelaide von Skilondz und setzte ihre Ausbildung am Salzburger Mozarteum, in Rom, Wien und New York fort. Ihr Debüt gab die Mezzosopranistin 1952 als Azucena in Verdis «Il trovatore» an der Royal Swedish Opera. Dem Haus blieb sie während...

Fabelhafter Irrsinn

«Was für ein buntes Publikum!», ruft Feuerwehr-Käpt’n Shaw mit Blick auf die grauen Löckchen im Saal, wo – typisch Matinee! – schaler Kaffeeatem und weihrauchlastige Parfüms die Luft verdicken. «Ich sehe das Bürgertum – und die gehobene Mittelschicht. Ein wahrer Schmelztiegel!» Die Mittelschicht jauchzt entzückt. Bissiges für alle, Sarkasmus ohne Ende: Der Ton ist...

Pädagogisch wertvoll

Es gibt diese Geschichten. Geschichten, die so gehaltvoll ausgezirkelt, so zeitlos verrätselt sind, dass man sie immer wieder hören möchte. Wolfram von Eschenbachs große Erzählung über den Ritter Parzifal, der in die Welt hinauszog, um sich, seine Bestimmung und wohl auch das Glück zu suchen, ist so eine Geschichte.

Doch muss man sie reduzieren, humorisieren,...