Schmerzensreich
Eine singuläre, ebenso bizarre wie tiefgründige Schöpfung sei der «Faust», schrieb 1826 Jean Jacques Ampère, der Sohn des berühmten Physikers, in «Le Globe», dem Pariser Intelligenzblatt, das sich als Propagandainstrument des Romantisme verstand. Man finde in Goethes Dichtung «Modelle aller Stile, von der grobschlächtigsten Komödie bis zur erhabensten Poesie; ein Gemälde aller menschlichen Gefühle, von den widerwärtigsten bis zu den zartesten, von den finstersten bis zu den angenehmsten».
Ampères großer Goethe-Text, der für alle Klassizisten schockierend sein musste, war Salon -gespräch – so auch im Hause des schier übermächtigen Zeitungs-Zaren Louis-François Bertin, dessen hochbegabte 21-jährige Tochter Louise noch im selben Jahr eine «Ultima scena di Fausto» für Gesang und Klavier schrieb: Sie sollte das Finale ihrer 1831 am Théâtre Italien uraufgeführten Opera semiseria «Fausto» werden.
Die Boulevardtheater, weit entfernt von klassischen ästhetischen Normen, stürzten sich begierig auf den Stoff. Aber ins tief konservative Establishment der von Berlioz so leidenschaftlich gehassten Dilettanten der italienischen Oper vorzudringen, das war schon ein außerordentliches Wagestück. ...
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Opernwelt Mai 2024
Rubrik: CDs, DVDs und Bücher, Seite 29
von Klaus Heinrich Kohrs
Un minuto … sii breve», eine Minute und keine Sekunde mehr gewährt der scharfe Sheriff seinem Liebeskontrahenten, dessen Ende längst beschlossen, das Grab tief genug geschaufelt ist. Und was macht Dick Johnson aus Sacramento, der eigentlich Ramerrez heißt und seinen Lebens -unterhalt für gewöhnlich damit verdient, andere Menschen auszurauben? Er stimmt, in der für...
Im Dreigestirn der mitteldeutschen Barockmeister leuchtet sein Name am schwächsten: Georg Philipp Telemann war zu Lebzeiten ein Gigant, geliebt vom Publikum, geschätzt von seinen Dienstherren und bewundert für seine überbordende Produktivität. Heute rangiert er in der Popularitätsskala weit abgeschlagen hinter den einstigen Kollegen Händel und Bach. Von den...
Hommage aux Hellènes» setzte der heute kaum noch bekannte Michel Pichat als Motto über seine fünfaktige Tragödie «Léonidas», die – mit dem großen Schauspieler Talma in der Titelrolle – ihre spektakuläre Premiere im November 1825 am Théâ-tre-français hatte. Da stand die Begeisterung für den Freiheitskampf der Griechen auf ihrem Kulminationspunkt. Als in den...