Russische Schule

Singen und Verkörpern waren bei ihm eins: Dmitri Hvorostovsky ist tot

Opernwelt - Logo

Vorsichtig, etwas wackelig schritt er auf die Bühne, der Gleichgewichtssinn machte nicht mehr richtig mit. Doch getragen wurde er, der so breit ins Auditorium lächelte, von einem Tsunami der Sympathie. Ohrenbetäubender, auch ungläubiger Jubel, Standing Ovations – ein letztes Mal kehrte Dmitri Hvorostovsky im Mai dieses Jahres zurück. Alle Kraft nahm er zusammen, um als Überraschungsgast der Met-Gala dem Publikum Rigolettos «Cortigiani» entgegenzuschleudern.

Und als der Russe angelangt war beim ruhigeren Teil, bei «Ebben, piango» und «Pietà, signori», dürfte er der Einzige gewesen sein, der nicht  Tränen in den Augen hatte – der Backstage-Bereich eingeschlossen: Auch dort, so erzählt einer, der dabei war, verloren fast alle die Fassung.

Nun hat Dmitri Hvorostovsky einen Kampf verloren, den er so offensiv und entschlossen austrug, wie er seine Rollen gestaltete. 2015 die Diagnose: Hirntumor. Chemotherapie, viele Absagen, seltene, heftig gefeierte Auftritte. Und dann sogar noch eine CD mit russischen Szenen (OW 4/17), die vom gereiften Hvorostovsky kündete, von einer neuen Dimension an Ausdruckskraft und Wahrhaftigkeit. So wie er im Alter immer attraktiver wurde mit seinem weißen, ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Januar 2018
Rubrik: Magazin, Seite 66
von Markus Thiel

Weitere Beiträge
Schokobonbons aus Bergamo

«Donizetti200» heißt das Projekt, das die zweite Ausgabe des neuen Vorzeigefestivals der Stadt Bergamo unter der gemeinschaftlichen Ägide des Künstlerischen Leiters Francesco Micheli und der Fondazione Donizetti ins Leben gerufen hat. Sein Konzept: Bis zum Jahr 2044 soll alljährlich eine Oper des Komponisten zur Aufführung gelangen. Ein ambitioniertes Unterfangen,...

Der Eine

Geboren wurde Gottfried von Einem am 24. Januar 1918. Gestorben ist er offenbar nie. Jedenfalls begleitet ihn ein Buch seiner Ehefrau Lotte Ingrisch über den 12. Juli 1996 hinaus auf einer sehr vitalen, von spiritistischem Zinnober nicht freien «Jenseitsreise». Die Rolle eines Menschen, der aus der Zeit gefallen ist, spielte Einem gern. Auf einer Podiumsdiskussion...

Qualitätsarbeit ohne Firlefanz

Das Markenzeichen der English Touring Opera? Klar, die Herumtreiberei. Aber auch eine verblüffende musikalische Kompetenz, ein betont schlichter Inszenierungsstil – und ein Programm, das so manchem gut finanzierten Theatertanker als Vorbild dienen könnte.

Nominell hat die ETO ihren Sitz in der Hauptstadt, doch eine feste Spielstätte gibt es nicht: Landesweites...