Rüschenärmel und Puderperücke
Nachgerade undenkbar wäre die französische Barockszene ohne die vielen freien Ensembles, die sich oft um einen Dirigenten scharen, der als starke Gründerfigur fungiert. Als jüngster Zuwachs in der Reihe darf der 1996 geborene Valentin Tournet gelten, der 2017 mit «La Chapelle Harmonique» sein eigenes Orchester und seinen eigenen Chor gegründet hat.
Im Alter von fünf Jahren begeisterte er sich zunächst für das Gambenspiel, nachdem er den legendären Film «Die siebente Saite» mit der von Jordi Savall geleiteten Musik gesehen hatte, bei dem er sich später wichtige Anregungen holen sollte. Erst später kam das Interesse fürs Dirigieren hinzu.
Obwohl Tournet in jungen Jahren Mitglied im Kinderchor der Pariser Oper war, ist es bemerkenswert, wenn er nun mit Jean-Philippe Rameaus «Les Indes galantes» seine erste Operneinspielung vorlegt. Schließlich hat sich La Chapelle Harmonique bislang vor allem der geistlichen Musik verschrieben, insbesondere der Johann Sebastian Bachs. Man kann das durchaus hören in der Aufnahme, in der Tournet das Klassische, auch Höfische betont, sozusagen immer den gemessenen Schritt wahrt. Die Tänze entfacht er vor allem aus ihrer rhythmischen Spannkraft, selbst ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt August 2021
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 22
von Michael Stallknecht
Ein unwiderstehliches Angebot für wohlhabende Junggesellen: Für nur 999,99 Euro ist die neueste Kammermädchenversion Vespetta zu haben. Sie wäscht, bügelt, putzt, kocht nicht nur, sondern lässt auch noch die Brüste nach Belieben des Besitzers blinken. Nur dass der Käufer Pimpinone nicht damit gerechnet hat, dass sich die Puppe nach Ablauf der Rückgabefrist in eine...
Der von der Pariser Weltausstellung 1889 ausgehende Russland-Boom, der bald das ganze westliche Europa erfasste, blieb auch in der Oper nicht ohne Folgen. Insbesondere die Vertreter der Giovane Scuola erkannten in dieser «exotischen» Welt, wie sie in den Romanen Tolstois und Dostojewskis aufschien, eine Möglichkeit, ihre musikalische Palette um reizvolle Farben zu...
Fangen wir ganz weit vorne an. Bei Orpheus, dem Ur-Sänger. Orpheus erhob seine Stimme, um die Götter zu besänftigen, er wollte seine geliebte Eurydike zurück, die im Totenreich weinte. Was er mit seiner Stimme und der Lyra vermochte, vergeigte der Sehnende allerdings durch seinen Argwohn. Weil er der Kraft der vokalen Überwältigung misstraute, schaute Orpheus sich...