Okka von der Damerau; Foto: IMG Artists/Daniel Schäfer

«Reiten, reiten, reiten...»

Rilkes «Cornet» in Frank Martins Vertonung, mustergültig realisiert von Okka von der Damerau und der Philharmonia Zürich unter Fabio Luisi

Opernwelt - Logo

Das Kultbuch vom «Cornet» mit seiner rauschhaften Mischung aus virtuoser Sprachkunst und Kitsch, schwüler Erotik und poetischer Einbildungskraft hat immer wieder Komponisten angezogen. Casimir von Pászthory hat es noch zu Lebzeiten Rainer Maria Rilkes als Melodram vertont, Siegfried Matthus 1985 sogar veropert. Am seltsamsten mutet die fast zeitgleiche Beschäftigung des Welschschweizers Frank Martin und des KZ-Häftlings Viktor Ullmann mit dieser lyrischen Initiation in Liebe und Tod während des Zweiten Weltkriegs an.

Im calvinistischen Horizont von Martins Œuvre stellt der «Cornet» einen ähnlichen Solitär dar wie die unmittelbar vorausgegangene Bearbeitung des Tristan-und-Isolde-Stoffes in dem weltlichen Oratorium «Le vin herbé». Beide Male wird das Naheliegende verweigert: ungebrochenes Pathos und enthusiasmierte Emotionalität.

Martin verdoppelt Rilkes Sprache nicht, sondern übersetzt sie in eine Musik, von der ein ganz eigener Sog ausgeht. In Momentaufnahmen, die zwischen Lied und dramatischer Erzählung, récit und parlando oszillieren – jeder der 23 Abschnitte besitzt seine eigene Form und sein eigenes Timbre –, reagiert er auf Rilkes atemlosen Puls mit einem zurückgenommenen, ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Februar 2018
Rubrik: CD des Monats, Seite 25
von Uwe Schweikert

Weitere Beiträge
Triangulum in musica

Kaum hörbar, vom Blech beinahe verblasen, spielt die Harfe im vorletzten Takt der «Lulu» dreimal das Intervall H-F. Ein musikalisches Vexierbild, für Alban Bergs Ehefrau Helene indes kaum rätselhaft: H(anna) F(uchs-Robbetin), Franz Werfels Schwester, war ab 1925 Ziel einer sich verzehrenden Liebe ihres Mannes. Und wohl auch Vorbild für Albans Sichtweise auf Lulu....

Mit aller Macht

Der Name steht für sich, ist längst zu einer globalen Marke avanciert: Mariinsky. Natürlich nicht von selbst. Sondern durch eine systematische Expansionspolitik, die maßgeblich auf einen Mann mit besten Beziehungen in die Schaltzentralen der Macht zurückgeht: Valery Gergiev.

Bis 1783 reicht die Geschichte des Mariinsky Theaters in Sankt Petersburg zurück. Schon im...

Auf dem Schirm

Besonders früh musste Elisabeth Schwarzkopf nicht aufstehen. Zwar war die junge Sopranistin im Jahr 1940 die «Frühbesetzung» in «Der Liebling des Kalifen» (nach Karl Maria von Webers «Abu Hassan»), der ersten in Deutschland speziell fürs Fernsehen produzierten Oper. Doch ging die erste Live-Ausstrahlung erst ab 15 Uhr über die damals noch spärlich vorhandenen...