Nicht bloß an Verkaufszahlen denken
Als Konsumgut, das dem Publikum durch Momente etwas wert sei, die der Sache gar nicht wesentlich wären, werde es zu einem anderen als es selbst, hatte Adorno vor mehr als vierzig Jahren über das Phänomen Oper formuliert. Auf trivialer Ebene entspricht diesem Statement ein Cartoon, der 2005 anlässlich des Hype um Anna Netrebko bei der «Traviata» in Salzburg in einer Wiener Zeitung erschien: vor dem Fernseher ein Paar, der Mann im Unterhemd mit Bierflasche. Auf dem Bildschirm die sich verbeugende Crew. Sagt der Mann: «Das in der Mitte ist die Verdi.
»
Dass dies zugleich das Zielpublikum der Klassikabteilungen der Schallplattenfirmen sei, vor allem der Majors, gilt als ausgemacht, da diese selbst durch allerlei merkwürdige Projekte – wie etwa Prominente von Gorbatschow bis Harald Schmidt als Erzähler für Klassikmedleys einzusetzen – dieser Ansicht kräftig Nahrung geben. Erst kürzlich äußerte der vor allem als Liedsänger renommierte Bariton Matthias Goerne, er sei von Decca weggegangen, weil er eine Firma brauche, die nicht nur in Verkaufszahlen denke.
Die Schallplattenfirmen suchen diesen Vorwurf etwa durch dramaturgisch recht sorgfältig gebaute Programme der Recitals zu entkräften. So ...
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Längst nicht alle Quereinsteiger bringen der Oper die erhoffte Blutzufuhr. Von Philipp Stölzl ist sie indes mehr und mehr zu erwarten. Seine dritte Inszenierung – nach dem Meininger «Freischütz» und dem arg frühzeitigen Salzburger «Benvenuto Cellini» – nährt die Neugier aufs Kommende. Bildertheater – einstweilen sein Markenzeichen – ist auch dieser Gounod’sche...
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