Nachts im Museum
Selbstständig ist der verlorene Sohn geworden, und ganz anders. Was Wunder: mit 43 Jahren und nach einer Tour d’Opéra über fast 30 Bühnen der Welt. Vor allem aber hat sich dieser «Lear» emanzipiert von jener Ästhetik, ob visuell oder vokal, mit der er 1978 bei den Münchner Festspielen das Licht einer damals teils buhenden, später nur noch entzückten, gebannten, erschütterten Opernwelt erblickte.
Dass er extrem unterschiedlichen Zugriffen standhielt, auch die Diagnose, dass es die Lear-Stimme – man denke an den ersten Interpreten Dietrich Fischer-Dieskau bis zu heutigen Kollegen wie Bo Skovhus, Wolfgang Koch und Gerald Finley – gar nicht gibt, all dies und noch viel mehr adelt das Stück zum Klassiker. Es ist die Rückkehr von Aribert Reimanns erfolgreichstem Werk an die Stätte der Uraufführung. Eine musikhistorisch befrachtete, auch emotionale Angelegenheit. Und eine Premiere, für die es knapp wurde und für die beinahe nur der Stream geblieben wäre. Gut zwei Wochen vorher gewährte der musenferne bayerische Ministerpräsident Gnade: Die Bayerische Staatsoper durfte für 700 Gäste öffnen.
Und da ist noch ein wichtiger Anknüpfungspunkt. Der betrifft Christian Gerhaher, gern als einzig ...
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Opernwelt Juli 2021
Rubrik: Focus Spezial, Seite 6
von Markus Thiel
Im Liedgesang ist das vokale Gender Crossing noch immer die Ausnahme. Die Geschlechtergrenzen scheinen wenig durchlässig, Schuberts «Schöne Müllerin» und seine «Winterreise», Schumanns «Dichterliebe» so unbestritten männliches Territorium wie Wagners «Wesendonck-Lieder» oder Strauss’ «Vier letzte Lieder» autochthone Sopran-Domäne. Sängerinnen wie Lotte Lehmann,...
Giacomo Puccini höchstpersönlich saß am 22. Mai 1898 neben anderen Berühmtheiten im Publikum des römischen Teatro Costanzi, als die Oper «Iris» von Pietro Mascagni, der wie er selbst aus der nördlichen Toskana stammte, uraufgeführt wurde. Sein ehemaliger Kommilitone war früh erfolgsverwöhnt: Mit «Cavalleria rusticana» hatte er 1889 den ersten Preis beim...
«Wien, Wien, nur du allein sollst stets die Stadt meiner Träume sein.» So jauchzend umschwurbelte einst Peter Alexander sein überirdisch fesches Paradies ewigen Frühlings- wie auch Liebesglücks – und der Himmel voller Geigen! Aber Wien wäre nicht Wien, hielte der obligate «Schmäh» im Song nicht auch die zynische Gegenwelt parat: «Vienna, Vienna, nur du allein,...
