Mittelmaß
Glaubt man dem Klappentext, zeigt sich Benjamin Godard in seiner Dante-Oper «auf dem Gipfel melodischer Inspiration und kompositorischer Meisterschaft, in einem Stil, der Gounod erneuert und den Vergleich mit Massenet nicht zu scheuen braucht». Das sah die zeitgenössische Kritik anders. Camille Bellaigue zeterte: «Ihr, die ihr in die Opéra-Comique eintretet, lasst alle Hoffnung fahren, alle Hoffnungen, etwas anderes zu sehen als Nippes: einen Dante als Pendelfigur und eine Beatrice aus Zuckerguss.»
Natürlich können sich Zeitgenossen irren.
Doch auch nach mehrmaligem Hören irritieren an dieser Oper aus dem Jahre 1890 die verkitschte Geschichte, die wenig profilierte Personencharakteristik und ein reichlich epigonaler Stil. Zwar «funktioniert» Godards melodramatische Musik mit ihrer ebenso effektsicheren wie massiven Instrumentation. Jede Geste scheint unter Starkstrom gesetzt. Doch gelangt die Partitur kaum über die Illustration der szenischen Kontraste hinaus. Vieles spricht dafür, dass in der dunkleren «Françoise de Rimini», in der Godards Lehrer Ambroise Thomas schon 1882 den leibhaftigen Dante hatte auftreten lassen, weit mehr an «melodischer Inspiration und kompositorischer ...
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Opernwelt Mai 2018
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 32
von Anselm Gerhard
Drei Jahrzehnte lang hat Pierre Audi die Nationale Opera in Amsterdam geleitet – eine exorbitante Erfolgsgeschichte. Als Regisseur verabschiedete er sich geradezu bescheiden, dazu nicht einmal im Stammhaus, sondern im am Hafen gelegenen kleineren Muziekgebouw aan’t IJ; genau die richtige Spielstätte für Stefano Landis tragicommedia pastorale «La morte d’Orfeo» von...
Die kunstvollen, teils kontrapunktischen Arien, die Ouvertüre und den Schlusschor gab es bereits – erstmals 1727 waren sie in London erklungen, bei der Uraufführung von Händels «Riccardo primo, Re d’Inghilterra» auf ein Libretto von Paolo Antonio Rolli. Als Telemann einen Druck der Gesangsnummern aus «Riccardo» erhielt, erschien ihm eine Aufführung in Hamburg...
JUBILARE
Am 17. Mai wäre sie 100 Jahre alt geworden. Klar, dass Birgit Nilsson, der Jahrhundertstimme aus dem hohen Norden, aus diesem Anlass vielfältig gehuldigt wird. Decca und Deutsche Grammophon bringen in einer Box (79 CDs, 2 DVDs) ihr klingendes Nilsson-Archiv auf den Markt; der Wiener Verlag für moderne Kunst verlegt eine monumentale Buch-Hommage; ein neuer...
