Märchenhaft unergründlich
Er ist immer da. Kritzelt was an die Tafel hinter dem Schreibtisch. Greift sich ein Buch aus dem turmhohen Regal. Hockt faul im Liegestuhl am Meer. Kurvt auf dem Drahtesel durch die Sommerfrische. Schaut zwei jungen Damen beim Federballspiel zu. Fachsimpelt mit dem Mechaniker der Fahrradwerkstatt. Und fliegen kann er auch, gleitet samt Velo durch den Äther, sehr elegant, in slow motion.
Bei Robert Wilson und Philip Glass, den Erfindern von «Einstein on the Beach», dieser absurden, vier pausenlose Stunden währenden, noch 43 Jahre nach der Uraufführung wunderlich kurzweiligen Theaterrevue, tritt Albert Einstein gar nicht auf. Wenn überhaupt, mischt allenfalls der wilde Geist des Physik-Genies in den vier von sogenannten «Knee Plays» punktierten, nahtlos ineinanderfließenden Akten mit.
Überhaupt kokettierten Wilson und Glass gern mit der Botschaft, dass ihr Stück keine Botschaft habe. Zwar scheinen die Titel der Szenen – «Train», «Trial», «Bed», «Spaceship» usw. – bestimmte Orte und Themen aufzurufen. Doch die wenigen Texte, die zu minimal variierten, in sich kreisenden Tonschleifen rezitiert werden – Prosagedichte des Autisten Christopher Knowles, eine klischeetriefende Eloge auf ...
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Opernwelt November 2019
Rubrik: Im Focus, Seite 10
von Albrecht Thiemann
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