Lob des Dazwischen
Dass ihre Oper bis zur Uraufführung am Theater Freiburg derart an Brisanz gewinnen sollte, hätten sich Librettist Clemens Bechtel und Komponist Fabrice Bollon vermutlich auch nicht träumen lassen. Doch seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine sind so manche Gewissheiten der westlichen Welt diffundiert. Und die Frage des Dafür, Dagegen oder Dazwischen hat eine ganz andere, neue Dimension bekommen.
Erasmus von Rotterdam verkörpert das Dazwischen. «Ich kann nicht in den Dienst einer Partei treten», bekennt er im letzten Akt von «The Folly».
Weshalb er auch vom überwiegend protestantischen Basel ins katholische Freiburg und wieder zurückzieht: Der Humanist und Religionsphilosoph, der vor dem Hintergrund des drohenden Schismas in der Christenheit um 1500 weder dem Papst noch Luther das Wort redete und sowohl Krieg, Heroismus als auch Intoleranz hasste, steht exemplarisch für eine unentschiedene Haltung. Der Operntitel knüpft an Erasmus’ berühmteste Schrift an, sein satirisches «Lob der Torheit». 1512 wurde es an mehreren Universitäten, etwa in Löwen, Paris und Oxford, verbrannt, und Erasmus geriet ins Räderwerk des Konflikts.
Vielleicht ist ein Sich-Positionieren nur bedingt ...
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Opernwelt 7 2022
Rubrik: Panorama, Seite 48
von Alexander Dick
Ein garstig Lied! Pfui! Ein politisch Lied! Ein leidig Lied!» Des Branders Sinnieren in Auerbachs Keller gehört zu den obligaten «Faust»-Zitaten, auch im Sinne einer nicht minder «klassischen» Dreiteilung der Lebensbereiche: volkstümliche Lustbarkeit, «hohe» Kultur, schnöde Politik. Das Wahre, Gute, Schöne als erhabener Widerpart zur allemal prekären...
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Man muss gar nicht in den hintersten Winkeln uralter Bibliotheken stöbern, um so Unerhörtes wie Alessandro Scarlattis «Il Cambise» aufzustöbern. Maestro Alessandro Quarta entdeckte das späte Meisterwerk des 1660 in Palermo geborenen überproduktiven Komponisten im digitalen Archiv der Biblioteca del Conservatorio di Musica S. Pietro a Majella in Neapel und schlug es...