Liebestod in der Zeitmaschine
«Tristan» ist in Italien, neben dem üblichen Verdi-Donizetti-Bellini-Rossini-Repertoire, ein eher selten gespieltes Werk. In Neapel war er zuletzt 1973 zu hören – Operngänger unter fünfzig, die nicht reisen, hatten ihn also noch nie auf der Bühne gesehen.
Aber selbst Heuler wie «Traviata», «Aida» oder der «Barbier von Sevilla» müssen, bei höchstens drei oder vier Neuinszenierungen in der Saison und einem winzigen Repertoire, unter Umständen Jahrzehnte auf die nächste Inszenierung warten – mit den großen Zeitabständen hängt sicher auch zusammen, dass die Neigung zu traditioneller, oft banaler Regie vorherrscht. Die Geschichte soll eben verständlich erzählt und nicht gedeutet werden. Umso mutiger, dass Intendant Gioacchino Lanza Tomasi, Sohn des «Gattopardo»-Autors Tomasi di Lampedusa, einen unkonventinellen Regisseur wählte: Lluis Pascal.
Dazu kam, dass der neue Opernchef Gary Bertini seine Visitenkarte auch mit der Werkwahl abgeben wollte. Die verheerende Kulturpolitik der gegenwärtigen Regierung verstärkt das alte Dilemma zwischen Budget-Zwängen, künstlerischem Ehrgeiz und gewerkschaftlichen Forderungen in den italienischen Opernhäusern. Manche sind am Rande des Bankrotts, die ...
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