Lange nicht gesehen

Moskau besinnt sich auf Raritäten und holt «Lohengrin» in die Gegenwart

Es muss nicht immer der Kanon sein. Auch in den Moskauer Opernhäusern bemüht man sich um die Werke, die man im Mainstream vergeblich sucht. Gleich drei Produktionen legten davon Zeugnis ab.
Am Musiktheater Stanislawski und Nemirowitsch-Dantschenko (MTSNM) stand «Die Mainacht» von Rimsky-Korsakow auf dem Spielplan. Nicht gerade ein Meisterwerk, aber ein Publikumsrenner mit saftigen Genre­szenen und mystischen Spielereien. Stanislawski führte die Oper 1928 in seinem Studiotheater auf, 1986 wurde sie wieder ausgegraben.

Als Dorfältes­ter stand damals – wie heute – Leonid Simnenko auf der Bühne, der die Partie auch diesmal mit überzeugender Verve sang. Die Inszenierung von Ale­xander Titel zeichnet sich zwar nicht durch Einfallsreichtum aus, hat aber eine gewisse Eleganz. Traditionelle ukrainische Folklore verbindet sich mit Symbolen und Figuren des heutigen Lebens. So erinnert die Schwägerin des Dorfältesten mit ihrem voluminösen, um den Kopf gewickelten Zopf unverkennbar an Julia Timoschenko, die Premierministerin der Ukraine. Die Ouvertüre ist mit geschickt gereihten Propagandabildern aus Chroniken der Stalin-Ära unterlegt, die von der Leistungsfähigkeit ukra­i­nischer Kol­chosen ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Mai 2008
Rubrik: Magazin, Seite 36
von Alexej Parin

Vergriffen
Weitere Beiträge
Ohne besondere Vorkommnisse

Die Bewunderung seiner komponierenden Zeitgenossen war ihm sicher. Wer während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts das Rad der Musikgeschichte weiterdrehte, lobte die Bühnenwerke des aus Florenz stammenden Wahl-Franzosen Luigi Cherubini über den grünen Klee. Brahms etwa erblickte in der 1797 uraufgeführten «Medée» gar «das Höchste in dramatischer Kunst». Weber...

Theatermusik für alle

Es waren starke Worte, die die Hamburger anno 1728 von der Bühne ihres Opernhauses zu hören bekamen: «Adel ohne Tugend Zier / kommt mir wie ein Storchnest für. / Denn auf hoher Bäume Wipfeln / und der höchsten Häu­ser Gipf­feln / hat der Storch zwar sein Quartier / Übrigens hingegen tauget / gar zu nichts das ganze Tier.» Deutlicher als in dieser Arie des Rates...

Henze: Elegie für junge Liebende

Es sei – so schreibt der Komponist 1971 – zum Verständnis und zum Genuss seiner «Elegie» von nicht unerheblicher Wichtigkeit, die «Reibungen zwischen Farce, Tragödie, Opera buffa und Psychodrama» sichtbar zu machen – eine Forderung, die in der neuen Lübecker Produktion in hohem Maße erfüllt wird. Auf subtile Weise spürt Reto Nicklers Regie den unterschiedlichen...