Kühle Luft, klare Linien
Das ist keine Prahlerei, das ist ein Liebesgeständnis: Der Dirigent Michael Schønwandt kennt «Maskarade» von Carl Nielsen auswendig – und zwar «seit ich zehn Jahre alt bin», erzählte er Ende April bei dänischem Bier im Kopenhagener «Tivoli». Und wie man Nielsen im Orchester spielen muss, hat er bei der Gelegenheit auch erklärt: «Nicht zu dick. Dann klingt er wie schlechter Brahms. Schauen Sie sich unsere Landschaft hier im Frühling an: das helle Grün, das Licht, die etwas kühle Luft. Das muss leicht klingen, mit klaren Linien.
»
Leicht und lebhaft stürzt sich das Dänische Nationale Symphonieorchester denn auch in den Wirbel der Ouvertüre zum ersten Akt dieser Komödie. Man spürt die Lust an der Polyphonie, die – wie stets bei Nielsen – kein akademisches Zitat, sondern potenzierter Witz, sirrende Lebensenergie ist. Und doch lässt sich Schønwandt nicht dazu hinreißen, Kobolz zu schießen, aus dem Munteren ins Rüde zu fallen. Behände wechselt das Orchester seine Funktionen, stützt und begleitet, zeigt Empathie mit den Figuren, malt ein Gähnen nach und zeichnet die Menschen als Typen: Der gezackte Rhythmus beim ersten Auftritt des Leonard zeigt einen Menschen, der seine Schüchternheit ...
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Opernwelt Dezember 2015
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 25
von Jan Brachmann
Wenn eine Sopranistin unserer Zeit mit besonderer Emphase als «Mozart-Sängerin» bezeichnet werden kann, dann Dorothea Röschmann. Obwohl sie ein breites Repertoire beherrscht, neben Agathe («Freischütz») auch die Marschallin («Rosenkavalier») oder Elsa («Lohengrin») singt, stehen die großen Sopranpartien Mozarts bis heute im Mittelpunkt ihres Wirkens. Nach einigen...
Opernsänger sollen ja so geldgeil sein. Mi-mi-mi-mi-mi-mehr-Gaaaage! Ich finde das unfair. Wir glauben nämlich, die Dirigenten kriegen zu viel Kohle. Wenn man mal die Menge Klang bedenkt, die sie in den Aufführungen faktisch beitragen. Ein Stöhnen hier, ein Grunzen da – sonst ist von ihnen doch praktisch nichts zu hören.
Aber darüber will ich mich jetzt gar nicht...
Und die Oper? Das war die Frage, als Andreas Beck im Herbst 2015 vom Schauspielhaus Wien als Intendant ans Theater Basel kam. Sie stand umso dringender im Raum, als Beck sein Amt von Georges Delnon übernahm, einem Vertreter des Musiktheaters, der inzwischen an die Oper Hamburg wechselte. Wer den Basler Spielplan mit seinem starken Akzent im Schauspiel betrachtete,...