Kosmos Schubert
Es gibt nichts, was Schuberts «Winterreise» sich nicht bereits hätte gefallen lassen müssen – von Matthias Loibners naiv naturalistischer Version für Drehleier und Sopran bis zu Hans Zenders «komponierter Interpretation» für Tenor und kleines Orchester, von den zahllosen szenischen Realisierungen ganz abgesehen. Jetzt hat der Pianist Maurice Lammerts van Bueren den Zyklus für das Coco Collectief arrangiert – für wechselnde Stimmformationen vom Terzett bis zum Quintett, aber auch dialogisierend, ja kommentierend –, wobei er sich stets dicht ans Original hält.
Dass solche Verfremdungen einen neuen, überraschenden Blick aufs Original werfen, haben unterschiedlich besetzte Ensembles wie die Swingle Singers, die King’s Singers oder Franui gezeigt. Bei den fünf Sängerinnen des Coco Collectiefs klaffen Wollen und Können leider weit auseinander – so weit, dass manches unfreiwillig parodistisch wirkt wie «Im Dorfe» oder die schmalzige a-cappella-Version des «Wegweisers». Beim «Leiermann» angekommen, mag man dann nur noch mit Kafka sagen: «Gib’s auf!»
Da künstlerische Partnerschaften eines Sängers mit einem Hammerklavierspieler noch immer selten sind, durfte man auf die «Winterreise» des ...
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Opernwelt April 2018
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 27
von Uwe Schweikert
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