Hungerkünstler
Diese CD fällt durch alle Raster. So wie der Künstler, dem sie gewidmet ist: Hans Jürgen von der Wense. Ein genialischer Freigeist, der alles anfing und nichts fertig brachte. Ein anarchischer Poet, der mit Noten dichtete und mit Silben, Wörtern, Sätzen komponierte. Er bastelte an einer Philosophie der Schaukel und schrieb, Autodidakt auf den Spuren des frühen Schönberg, mitten im Ersten Weltkrieg fünf Miniaturen für Klavier. Er übersetzte aus exotischen Sprachen und vertonte Texte von William Butler Yeates.
Ein Wanderer, dem jedes unterwegs aufgeklaubte Fundstück lieber war als alle systemische Vernunft. Kein Zweifel: Sein Element war das Fragment.
Nur wenige Kenner hatten bislang Kenntnis von (und Freude an) diesem 1966 in Göttingen verstorbenen «Fabeltier» (Wense über Wense). Vielleicht ändert sich das nun, da – auf Anregung des Deutschlandradio Kultur-Produzenten Olaf Wilhelmer – Steffen Schleiermacher, Holger Falk, das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter Johannes Kalitzke und Jan Philipp Reemtsma eine Audio-Hommage an den aus Ostpreußen stammenden Unangepassten zusammengestellt haben, die neben den Klavierstücken und Yeates-Liedern u. a. eine «Musik für ...
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Opernwelt Januar 2017
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 29
von Albrecht Thiemann
Schon Giacomo Puccini hätte aus Franz Molnárs «Liliom» gern eine Oper gemacht. Der Grund hierfür lag auf der Hand: Das Kleine-Leute-Milieu der «Vorstadtlegende», der machohaft rüde, dann aber doch nicht völlig schlechte Jahrmarktsausrufer Liliom und seine Braut Julie, die so stur wie hingebungsvoll hinnimmt, dass er sie schlägt – es wäre der perfekte Stoff für...
Wie wahr und wie prophetisch, was Shakespeare seinen Macbeth sagen lässt: «Life is a tale, told by an idiot, full of sound and fury, signifying nothing.» Als hätte er den amerikanischen Wahlkampf 2016 vorweggenommen. Oder den Mann mit dem Fliegenbärtchen in den 1930er-Jahren. Oder viele andere populistische Heißluftballone, denen die Knetmasse Volk nachlief...
Zu den kritischen Topoi bei der Beurteilung junger Sänger gehört der Hinweis auf die fehlende «Reife». Hört man aber später die «Gereiften», vermisst man gerade die Frische der Jugend. Die Frage mag sich ganz besonders bei Elisabeth Schwarzkopf stellen. Vor knapp einem Jahr brachte Warner (als Erbverwalter der EMI) die Recitals heraus, die zwischen 1952 und...
