Hinter Schleiern
Diese «Tristan und Isolde»–Produktion besitzt unbestreitbare musikalische Qualitäten. Samuel Sakker, der kürzlich an der Seite von Dorothea Röschmann in Nancy als Tristan debütierte, hat seither noch an Souveränität gewonnen. Vor allem der dritte Aufzug mit den sehnenden Fieberfantasien geriet ihm jetzt mustergültig – von der Wortverständlichkeit über die mühelosen Ausbrüche bis hin zum angenehm kernigen Timbre. Der Australier empfiehlt sich damit überzeugend als erstklassiger Tristan-Tenor.
Auch Carla Filipcic Holm hatte als Isolde keine Konditionsprobleme und krönte ihren Einsatz mit einem fabelhaften «Liebestod». Trotz der gelegentlichen Festigkeit in den emotionalen Ausbrüchen ist sie eine passende Isolde. Vincenzo Neri als jugendlich kraftvoller Kurwenal und Dshamilja Kaiser als helltönende Brangäne standen den beiden überzeugend zur Seite, Albert Dohmen vertrat als König Marke die Garde der bewährten Wagner-Sänger. Mark Gough als Melot, Hugo Kampschreur (als Hirte und junger Seemann) und Simon Schmidt (als Steuermann) komplettierten ein Ensemble, das sich in dieser Produktion nahezu ausschließlich über vokale Präsenz in Szene setzen kann.
In seiner ersten Operninszenierung ...
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Opernwelt Mai 2023
Rubrik: Panorama, Seite 50
von Joachim Lange
Herr Dusapin, von Nikolai Rimski-Korsakow ist die schöne Sentenz überliefert, Kunst sei «im Grunde die bezauberndste und hinreißendste Lüge». D’accord?
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