Gute Freunde
Die Oper hält, was der Titel verspricht. «Lieder von Vertreibung und Nimmerwiederkehr». Damit beginnt die Münchner Musiktheaterbiennale, Bernhard Gander hat die Musik dafür geschrieben, Serhij Zhadan, geboren im gerade vom Krieg verwüsteten Luhansk, den Text. Natürlich entstand das Werk weit vor dem Beginn von Putins Irrsinn, aber was einem nun mit harschen, archaischen Klängen, mit peitschenden Rhythmen und krachender Wucht eingehämmert wird, wirkt wie ein unmittelbarer Kommentar zum Weltgeschehen – so aktuell politisch kann Musiktheater sein.
Ganders Werk wäre immer politisch, dazu braucht es keinen aktuellen Krieg. Es ist ein Requiem für alle, die ihre Heimat verlieren, vertrieben werden, nicht mehr zurückkönnen. Es braucht dafür drei Solisten, eine (überpathetische) Schauspielerin, einen kleinen Chor sowie die Handvoll Musiker vom Ensemble Modern, angeleitet von Elda Laro. Strukturell und thematisch ist diese Oper prädestiniert dafür, nachgespielt zu werden, vielleicht auch subtiler inszeniert als hier in der Münchner Muffathalle. Die diesjährige Ausgabe der Musiktheaterbiennale trägt den Titel «Good Friends», was naheliegenderweise die Kollaboration der Künstler meint, die ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt 7 2022
Rubrik: Magazin, Seite 74
von Egbert Tpoll
In Moskau, wo Kriegszensur herrscht und es so gut wie unmöglich ist, glaubwürdige Nachrichten über den Krieg in der Ukraine zu erhalten, gilt es derzeit als gefährlich, ein nur «sehr gut gemachtes» Stück zu zeigen. Denn das Publikum will die reine Wahrheit sehen, und sei sie noch so grausam. Die Inszenierung von Korngolds Oper «Die tote Stadt» durch Vassily...
Im Beethoven-Jahr 2020 hatte René Jacobs mit seiner CD-Neuaufnahme die erste der drei überlieferten Fassungen des «Fidelio», die «Ur-Leonore» von 1805, zur einzig gültigen Version erklärt. Von der Attraktivität des «Ursprungs» offensichtlich verführt, präsentiert er jetzt eine, so der Werbe-Slogan, «noch nie gehörte Deutung» des «Freischütz», die in Teilen...
Manchmal scheint das Problem zeitgenössischen Musiktheaters darin zu liegen, dass entweder zu viel, zu wenig oder – wie häufig – im Grunde gar nichts erzählt wird. Diese Problematik tritt im Zeichen von Christian Josts «Egmont» in der Deutschen Erstaufführung (2020 bestellt und uraufgeführt vom Theater an der Wien) in Bielefeld vollkommen in den Hintergrund. Jost...