Gut gemeint
Auf den ersten Blick eine bestechende Idee: Aus den im Orient verschleppten Europäern der Mozart-Oper werden an der Vlaamse Opera Touristen, die irgendwo zwischen Algerien und Jemen Terroristen in die Hände fallen. Was daraus folgen müsste, wäre eine komödiantische Variante des clash of civilizations. Es stellt sich jedoch bald heraus: Die Orient-Klischees des 18. Jahrhunderts stecken viel zu tief in Handlung, Text und (!) Musik, als dass sie sich auf diese Weise überspringen ließen.
Und so begibt sich dann im Wüstencamp unter stahlblauem Himmel (das eindrucksvolle Bühnenbild schuf Christoph Wagenknecht), zwischen Jeeps, Ölfässern und Maschinengewehren, unter Tarnanzug tragenden Milizionären und vollverschleierten Frauen – das in diesem Stück Übliche: Der besoffene Osmin (hier heißt er Osman) legt einen kleinen Bauchtanz hin, Konstanze ringt an der Rampe ihre Hände, der Bassa schreitet wütend aus, Blonde gibt die kratzbürstige Zofe, wenn auch in Tarnfleck. Der Dialog wurde zwar – wir leben im Zeitalter der Globalisierung – in verschiedene Sprachen übertragen (der Herkunft der Figuren entsprechend Spanisch, Englisch und Arabisch). Wie sich die Personen dann aber noch verständigen ...
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Opernwelt Januar 2011
Rubrik: Magazin, Seite 67
von Ingo Dorfmüller
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Es ist äußerst verlockend, der These zu folgen, die Juan Batista Otero im Beiheft zu seiner Einspielung von Martín y Solers «Il sogno» entwickelt. Einen freimaurerischen Subtext vermutet der spanische Opernentdecker in der szenischen Kantate, die aller Wahrscheinlichkeit nach im August 1789 am Wiener Hof uraufgeführt wurde, und führt dafür eine ganze Anzahl...
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