Gounod: Roméo et Juliette
Type Casting in der Oper ist ein heikles Thema und dürfte eigentlich keine Rolle spielen, doch dieses Stück bildet eine Ausnahme: Wenigstens ansatzweise glaubwürdig sollte ein Roméo sein. Ramon Vargas ist das nicht. Naiv lächelnd und mit dem unwiderstehlichen Charme eines Baby-Elefanten tappst der über die Bretter. Von Schwärmerei, Liebesrausch, Verzweiflung keine Spur.
Natürlich kommt der Mexikaner mehr als achtbar durch «Ah! lève-toi, soleil»; an Corelli, Kraus, Gedda, Villazon indes sollte man dabei besser nicht denken, denn wo die Kollegen in dieser Arie tatsächlich ein Psychogramm entwerfen (oder doch zumindest erahnen lassen, was emotional abläuft), reiht Vargas mehr oder weniger schöne Töne aneinander.
Dass Natalie Dessay wenige Stunden vor der Premiere absagte, machte die Sache nicht besser. Ihr Cover Maureen O’Flynn sprang ein und kam ohne Nervenzusammenbruch durch den Abend, angesichts des Premieren- und Erwartungsdrucks, der auf ihr lastete, keine geringe Leistung. O’Flynn, eine attraktive Bühnenerscheinung, schlug sich tapfer, auch wenn ihr Gesang unter bisweilen schneidender Schärfe und einem bedenklichen Vibrato litt.
Stéphane Degout gelang es, die Lethargie mit ...
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