Gott ist tot
Angels and ministers of grace defend us»: Das ist zwar nicht aus «Macbeth», sondern aus «Hamlet», aber doch eines jener Shakespeare-Zitate, mit denen das englischsprachige Theatervolk den Fluch des unaussprechlichen «Scottish Play» zu neutralisieren trachtet. Es ist natürlich reiner Zufall, dass dem Grazer Macbeth Mikołaj Zalasiński bei der Premiere von Beginn an die Stimme versagte und er nur mit Mühe bis zur Pause kam.
Und ebenso, dass in Kateryna Sokolovas Inszenierung ihrem Macbeth eine genau solche Vertreterin aus der Kategorie «Engel und Boten Gottes» (wie es Schlegel übersetzte) zur Seite steht – oder besser: von ihm missachtet und malträtiert wird. Die Hexen sind hier die dunklen Facetten von Macbeths Persönlichkeit, multipliziert wie in einem Spiegelkabinett. Seinen Schwächen zum Trotz ist er nämlich selbst die treibende Kraft des Bösen, er geht über Leichen. Bis auf eine Ausnahme: dem «Verro», jenen Eber, den die Hexen anfangs geschlachtet haben wollen. In der zierlichen Gestalt Lara Hidens und mit goldumrandeter Herzwunde repräsentiert diese stumme Figur das ständig an den Rand gedrängte, bedrohte Gute in Macbeths Seele. Das wirkt auf die Dauer jedoch aufgesetzt – vor ...
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Opernwelt Januar 2024
Rubrik: Panorama, Seite 43
von Walter Weidringer
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