Gruppenbild mit Diva: Anna Netrebko (Maddalena di Coigny), Yusif Eyvazov (Andrea Chénier) und Chor; Foto: Theater
Eine Frage der Ehre
Manchmal genügen, damit sich Glücksfalten auf die Stirn legen, fünfeinhalb Weltminuten. Und eine Sängerin, die sich für diese Augenblicke alles aufgehoben zu haben scheint: die einsam hohe Kunst der cremigen Phrasierung, hell-licht schwebende Spitzentöne, glühende Piani, gutturale Versenkung in vorgeformte Abgründe. Es ist das dritte Bild in Umberto Giordanos «Andrea Chénier», jener Moment, in dem Maddalena di Coigny alles ausschüttet: ihre Inbrunst, ihren Glauben, ihre Zweifel, ihre Hoffnung. «La mamma morta».
Schon im Vorfeld hatte Riccardo Chailly diese Arie der heroisch Liebenden als den Wendepunkt des Musikdramas bezeichnet, das in Mailand am 28. März 1896 aus dem Taufbecken gehoben worden war, mit Giuseppe Borgatti und Evelina Carrera in den Hauptrollen – wohl ahnend, dass dies, zumindest in musikalischer Hinsicht, die Gemüter beglücken würde. Anna Netrebko, die, in geübter Bescheidenheit, die Partie der Maddalena als eher unbedeutend eingestuft hatte, enttäuscht die Aficionados im Teatro alla Scala nicht. Traumschön singt sie dieses racconto, fügt Linien sahnesüß ineinander, vergisst aber auch nicht die verschiedenen Valeurs, die Giordano in diese sehnend-sehrende, ...
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Opernwelt Februar 2018
Rubrik: Im Focus, Seite 10
von Jürgen Otten
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