Die Hoffnung stirbt zuletzt
Wenn sich im Theater an der Wien der Vorhang hebt, sehen wir eine Bühnenbox mit breiter Treppe, je nach Beleuchtung wie aus Beton oder aus friedhofsaffinem Marmor. Darauf drei zum Teil ramponierte Tasteninstrumente, ein grüner Gedenkkranz, Kerzen und zahlreiche Hingeschiedene, blutverschmiert und bleich. Wobei Letztere sich später, ars gratia artis, als Untote und Wiedergänger gerieren. Sartres «Huis clos» ist nahe, aber auch «Night of the Living Dead». Doch davon später.
Zunächst folgen wir Bertrand de Billy und den Wiener Symphonikern beim Zelebrieren des Vorspiels, das im Kontrast zum Bühnendekor ein nostalgisches Rokoko beschwört. Zierlich und elegisch, zugleich mit reifer Süße kommt das berühmte Sextett daher, ein ZuckerWatteau gewissermaßen, was uns unwillkürlich an Marie Antoinette denken lässt. Wird der Gattin Louis’ XVI. doch nachgesagt, auf den Hinweis, die Armen hätten kein Brot, entgegnet zu haben, «dann sollen sie eben Kuchen essen». Ob wirklich sie dies sagte, ist zweifelhaft; auf jeden Fall aber spiegelt das Zitat jene zynische Realitätsflucht des Ancien Régime, die auch Marie Antoinette schließlich den Kopf kostete. Mit seinem im Rokoko angesiedelten, 1942 ...
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Opernwelt Juni 2016
Rubrik: Im Focus, Seite 16
von Gerhard Persché
Schon vor Wagner taugte der Tod zum Happy End. «Manon Lescaut» von Daniel-François-Esprit Auber – die früheste der drei Abbé Prévost-Vertonungen – bekennt sich trotz tödlichem Ausgang zur Opéra comique. Zu Recht! «Comme un doux rêve», wie ein süßer Traum kommt das Ende der leichtlebigen, operndösig verruchten Titelheldin daher. Aber nur bei Auber.
Dass es seither...
Zu den Schlüsselwerken von Hans Werner Henzes neuem Vokalstil nach seiner Übersiedlung nach Italien Mitte der 1950er-Jahre gehört die 1958 entstandene «Kammermusik» über Hölderlins Hymne «In lieblicher Bläue» für Tenor, Gitarre, Klarinette, Fagott, Horn und fünf Streicher. Der Komponist beschwört in diesem dreiviertelstündigen Werk, dem er später noch einen...
Das Kammerduett. Es war die Form, die ihm vielleicht am besten lag. Zwei Stimmen plus Cembalo, Laute(n) und Gambe – das reichte, um in so zuvor noch nicht gemischten Farben auszudrücken, was er in sich hörte. Agostino Steffani, 1654 im Veneto geboren, schöpfte vor allem aus Quellen des 17. Jahrhunderts, doch die fand er nicht nur in Italien, sondern auch in...