Der Traum vom Glück
Die Konstellation kommt nicht von ungefähr, sie hat ein Vorbild: ein Paar aus Frau und Mann, verklammert an einem Ort, der Geheimnisse und (vergebliche) Hoffnungen ebenso bereithält wie Offenbarungen. Erkennbar bezieht sich Péter Eötvös in seinem zehnten Musiktheater «Senza Sangue» auf den Einakter «Herzog Blaubarts Burg» seines Landsmannes Béla Bartók.
Doch schon die literarische Vorlage, Alessandro Bariccos Novelle «Senza sangue» von 2002, verändert die Perspektive der beiden Protagonisten: Sie, Nina, ist um die 60, also wesentlicher älter als Bartóks Judith, er, Pedro Cantos, sogar schon 72. Ein Großteil des Lebens liegt hinter ihnen, die Zahl der zukünftigen Verheißungen ist überschaubar, die der Verwundungen und erlebten Enttäuschungen hingegen enorm. Da war allzu viel Gewalt im Spiel. Und jener Hauch von Erotik, der zwischendurch aufscheint, wirkt in diesem Kontext eher wie eine verzweifelte Suche nach einer längst verblichenen Utopie.
Eötvös findet für diese Melancholie des Alter(n)s, für den Schmerz, der die Protagonisten durchglüht, genau den richtigen Ton und auch die entsprechenden Klänge. Darin hält sich Luzides mit Abgründigem ebenso die Waage wie Aufbegehrendes mit ...
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Opernwelt Dezember 2021
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 30
von Jürgen Otten
Während der Ouvertüre würdigen sie sich keines Blickes. Auf der rechten Seite des Bühnenportals sitzt Graf Almaviva. Zur Linken seine Gattin. Bevor noch «Le nozze di Figaro» am Theater Regensburg so richtig in Gang kommt, ist die Ausgangssituation dieser Mozart-Oper auch körperlich bereits vorgezeichnet. Der Vorhang ist durchscheinend, dahinter blaut bereits die...
Überbeschäftigt?
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So etwas ist ja nicht nichts, heutzutage, wo Feines, Kleines besonders gefragt scheint. Ein farbenreich abschnurrendes Kammerspiel mit kleinem Orchester, fünf Solistinnen und Solisten auf der Bühne, die in 17 Rollen schlüpfen, Alter und Geschlechter fliegend wechseln, mit einem Wort also hochvirtuos sein müssen, dazu eine «fabelhafte» Handlung eines bestens...