Der Mörder ist unter euch

Katharina Wagner zeichnet Lohengrin am Gran Teatre del Liceu in Barcelona als skrupellosen Machtmenschen, Josep Pons irrlichtert durch die Partitur

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Streiter für Tugend, heil’ge Kraft, himmlische Taube, der Vater einst reiner Tor, dann Gralsretter – wer’s glaubt. So edel all dies von Klaus Florian Vogt wieder vorgetragen ist, mit seit einiger Zeit erstaunlich stabilen dramatischen Werten, es bleibt doch eine Lüge, zumindest ein (Sich-)Zurechtbiegen der Wirklichkeit. Darüber kann auch Lohengrins Gesang nicht hinwegtäuschen und ebenso wenig sein weiß glitzernder Schlagersänger-Anzug.

Ohnehin trägt der bald Flecken – Schmutz und das Blut eines vermeintlichen Ritters, der sich am Ende, frustriert und traumatisiert, die Pulsadern aufschlitzt.

Eine uns scheinbar vertraute Figur auf links drehen und umkrempeln – nicht zum ersten Mal hat Katharina Wagner derlei riskiert. Es gehört vielmehr zu ihrer Regiekarriere. Im Herbst 2002 in Würzburg ging das schon los, als sie im «Fliegenden Holländer» Daland als geldgeilen Vater einer verkauften Braut brandmarkte. Sechs Jahre später, bei den «Meistersingern» in Bayreuth, mutierte Hans Sachs vom barfüßigen Frei- zum Ungeist im Spießeranzug. Dazwischen, 2004 in Budapest, lag ein erstes Misstrauensvotum gegen den Schwanenritter: Warum, das interessiert die Regisseurin brennend, besteht dieser ...

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Opernwelt Mai 2025
Rubrik: Im Focus, Seite 22
von Markus Thiel

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