Der andere Blick
Trotzdem! Trotz aller Katastrophen, Niederlagen, Toten. Die Sehnsucht nach solidarischen, herrschaftsfreien Lebensformen, die individuelles mit dem Wohl aller versöhnen könnten, ist noch nicht aus der Welt. Auch wenn es angesichts der durch den Homo sapiens an den Rand des Kollapses gebrachten Natur, des immer härteren globalen Wettbewerbs um Ressourcen, der Zündkraft nationalistischer und rassistischer Demagogen schwerfällt, eine menschlichere, gerechtere Zukunft zu besingen: Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Es ist indes eine versehrte Hoffnung, der Skepsis, Trauer, die Erfahrung grausamen Scheiterns eingeschrieben sind.
Luigi Nono, der große, vielleicht hellhörigste und zärtlichste Träumer unter Italiens neueren Komponisten, verkörperte – die Glocken Venedigs im Ohr und das Kommunistische Manifest im Herzen – die Haltung eines durch das blutige Antlitz der Geschichte erschütterten Utopisten wie kein zweiter Künstler seiner Generation. Und niemand hat die Widersprüche zwischen emanzipatorischem Furor und elender Faktizität sensibler, poetischer in Musik ausgedrückt. Kein Ton, den Nono nicht als ein «J’accuse» im Namen der Schwachen, der Unterdrückten, der Verdammten dieser Erde ...
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Opernwelt November 2019
Rubrik: Panorama, Seite 38
von Albrecht Thiemann
Was wohl der weise wie menschenkundige Doktor Marianus zu dieser Szene am Beginn des vierten Akts von «Les Indes galantes» anmerken würde? Er würde vermutlich schweigen, schmunzeln und sehr sanft sein Haupt schütteln. Denn rein gar nichts ist hier von jener reinen Minne zu spüren, die Marianus in der Bergschluchten-Szene aus Goethes «Faust II» besingt, von jener...
Das Ende ist trostlos. Und hinreißend. Ummantelt von kaltem, grauen Beton, kauert Manon Lescaut zu Füßen jener vier riesigen Lettern, die ihr von Beginn an etwas versprachen, was sie nie zu halten vermochten: «LOVE». Wie vom Winde verweht ist diese Liebe, hinfort jede Hoffnung auf ein selbstbestimmtes Glück, das Dasein ein einziger großer Irrtum: Seit mehr als...
In ihrer Reihe «Opern aus den Archiven der Welt» haben Werner Ehrhardt und sein Ensemble L’arte del mondo schon mehrere Bühnenwerke wieder ans Licht befördert, die im 18. Jahrhundert überaus beliebt waren, um dann vergessen zu werden. Nach «La scuola de’ gelosi» (2015) folgt mit dem Dramma giocoso «La fiera di Venezia» jetzt eine weitere Buffa von Antonio Salieri,...
