Das Weinbergprinzip
Die Elbphilharmonie in Hamburg, dort wo die Stadt am meisten sie selbst ist, mitten im Hafen, angrenzend an die historische Speicherstadt, ist ein aus Stein, Stahl und Glas gefügtes Paradox. Hätte man anfangs gewusst, wie teuer der Bau nun geworden ist (866 Millionen Euro), er wäre nie in Angriff genommen worden. Von der Grundsteinlegung 2007 bis zur Schlüsselübergabe im Oktober 2016 schien er allein Inbegriff des Versagens öffentlichen Bauens zu sein (siehe OW Jahrbuch «Oper 2016»).
Doch seit der Freigabe der für Jedermann zugänglichen Plaza und der Außenterrasse im achten Stock am 4. November verblasst dieser «Ruhm» beinahe rasend: wie kollektiv besoffen erschienen die Architekturbesprechungen, nachdem ein Blick in den großen und kleinen Konzertsaal geworfen werden durfte, in die Kaistudios, die für Kinder- und Jugendarbeit vorgesehen sind.
Der signethafte Wellenkristall auf dem alten Kakaospeicher scheint sich im Inneren, in der vielfach durch Treppen gegliederten Raumfolge, die an das Organische eines Muschelgehäuses erinnert, ohne freilich labyrinthische Ohnmachtsgefühle auszulösen, zu verflüssigen. «Selbstidentität» heißt das in der Sprache der Architekten ...
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Opernwelt Januar 2017
Rubrik: Magazin, Seite 77
von Götz Thieme
Die eine Farbe. Blau. Schon im Alten Testament findet sie Erwähnung (Exodus 28, 5-35) und ebenso in Homers «Ilias». Blau, das steht, je nach philosophisch-anthropologischem Kontext, für vieles: für zwiespältige Tiefe, für Jungfräulichkeit, für Bewusstsein und Weisheit (dharma-dhatu), für sanfte, ätherische Stimmung, für Ausschweifung, die Sehnsucht nach dem...
Liebe, so befand Stendhal, beginne mit Verwunderung. Welche der vier antiken Grundarten dieser schönsten aller Lebensformen der französische Romancier und Essayist damit im Sinn hatte – ob Philia oder Agape, Storge oder Eros –, das präzisierte er nicht; wir dürfen allerdings davon ausgehen, dass er platonisches und erotisches Ideal in eins setzte, darin Mozart...
Die Stadt, welche die Römer «Felicitas Julia» nannten und in der (fast) immer die Sonne scheint, besinnt sich neuerdings wieder auf ihre glückliche Vergangenheit. Sogar das Teatro Nacional de São Carlos scheint sich, obwohl finanzielle Zwänge immer noch wie ein Damoklesschwert über der Kompanie hängen, von der Sparpolitik der letzten Jahre zu erholen.
Beispie...