Das Rätsel Frau

Eva-Maria Höckmayr zeigt am Staatstheater Darmstadt eine hochkonzentrierte Lesart von Bergs «Lulu», Daniel Cohen und dem Orchester des Hauses gelingen drei musikalische Sternstunden

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Von allen angestarrten Frauen ist Lulu vermutlich die (um einen in dieser Art modisch geläufigen, wenngleich sprachlich unkorrekten Superlativ zu verwenden) «angestarrteste». Man starrt ja selbsthin. Die Schauspielerin Kathleen Morgeneyer war in einer Wedekind-Sprechtheater-Aufführung in Frankfurt am Main vor 13 Jahren über eine nicht unbeträchtliche Strecke des Abends nackt.

Obwohl ihr das Kunststück gelang, ironischerweise trotzdem oder sogar gerade deshalb eine restlos «unfatale» Lulu zu sein, handelte es sich natürlich dennoch um eine Bloßstellung sondergleichen. Lulu trägt viele Namen, die sie sich nicht selbst aussucht, sie hat einen Körper, den alle Welt begehrt, sie wird da nicht heil rauskommen. Dennoch müssen gängige Begriffe – Opfer, Täterin, Femme fatale, Kindfrau – idealerweise an ihr zerschellen. 

Spätestens wenn Mädchen anfangen, Klassiker für Erwachsene zu lesen, gewöhnen sie sich daran, Frauen aus männlicher Perspektive kennenzulernen. Das erweitert den Horizont, solange man nicht vergisst, wer da blickt und spricht. Im männerdominierten Musiktheater potenziert sich das noch einmal: ein Allgemeinplatz, der aber wieder Wucht bekommt, wenn es um Lulu geht. Von ...

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Opernwelt Mai 2023
Rubrik: Im Fokus, Seite 18
von Judith von Sternburg

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«Nicht wie ein Mann steh ich vor euch»

Arabella» gibt es immer mal wieder in Auszügen, beispielsweise vor etwa zwölf Jahren in Berlin, als man die hiesigen Philharmoniker mit der Strauss’-Hofmannsthal’schen Arbeit – 1933 in Dresden uraufgeführt wie auch die Nachbarwerke «Die ägyptische Helena» (1928) und «Die schweigsame Frau» (1935) – genießen konnte, zudem mit einer luxuriösen Besetzung: Renée...

Lulu

Zunächst seh’n wir den Aufstieg einer schönen Frau,
Die liebt – und selbst umgarnt wird, von Diversen.
Kein Stück Musik für eine Landesgartenschau,
Regietheaterliebling der Perversen.

Auf einen Ton, da folgen stets elf weitere,
Fast wie im Fall der Männer: Mann für Mann.
Ein Maler stirbt (es gibt halt auch Gescheitere),
Man bumst mit voller Wucht auf’s Gamelan.

n...

Sieben Fragen an Annette Schönmüller

Wann haben Sie zuletzt in der Oper geweint?
Bei Julia Kocis verinnerlichtem «Lazarus» in Gottfried von Einems «Jesu Hochzeit» beim Festival Carinthischer Sommer.

Wo würden Sie ein Opernhaus bauen?
Dort, wo es stört. 

Ihr Geheimrezept fürs Überleben während der Proben?
Wenn es ums Überleben geht: «Death is not the end».

Welche Oper halten Sie für überschätzt?
Jede,...