Das Mysterium lebt
György Ligetis «Le Grand Macabre» ist der seltene und zudem höchst erfolgreiche Fall einer Buffa aus der Feder eines Avantgardisten. Die 1978 in Stockholm uraufgeführte musikalische Groteske vom Weltuntergang mit ihrem handfest-derben Libretto und den marionettenhaft überzeichneten Figuren wurde selbst an mittleren und kleinen Häusern gespielt – meist als Grand Guignol im Stil des absurden Theaters, dessen Pseudo-Tiefsinn sich am Ende in nichts auflöst.
Vasily Barkhatov stellt das Stück in Frankfurt vom Kopf auf die Füße, erdet das Geschehen bewusst realistisch und gibt den Figuren psychologische Konturen. Er hält sich nicht an die Szenenanweisungen des Originals, sondern zeigt es aus bewusst heutiger Perspektive. Wenn sich der Vorhang nach der (auf zwölf Autohupen geblasenen) Toccata öffnet, sehen wir ein Autobahnkreuz, auf dem sich der Verkehr staut. Auf der Videowand ist ein auf die Erde zusteuernder Komet angekündigt. Aus einem Taxi stürzt, fast nackt, der alkoholisierte Piet vom Fass und stört das Liebespaar Amanda und Amando beim Sex. Daneben entlädt Nekrot -zar – der große Makabre, hier kein Höllenfürst, sondern ein unscheinbarer Leichenwagenfahrer im dunklen Anzug – einen ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt Januar 2024
Rubrik: Im Fokus, Seite 10
von Uwe Schweikert, Walter Weidringer und Marc Zitzmann
Ein unerhörtes, nie gesehnes Wunder», preist der Chor im «Lohengrin». Ein unerhörtes, gleichwohl jeden Sommer zu hörendes Wunder ist, darin sind sich alle einig, auch der Chor der Bayreuther Festspiele: präzise, intonationssicher und homogen sowieso, dazu samtig, tiefensatt, leicht bauchig und doch beweglich, mit dunklem Kern, aber stets strahlend – um das im...
Sie tun es alle irgendwann, und meistens mehrfach im Jahr. Am häufigsten vielleicht Frank-Walter Steinmeier und Olaf Scholz sowie die Fußballerinnen und Fußballer mit dem deutschen Adler auf der Brust. Und nicht nur sie; fast jeder Deutsche hat sich irgendwann mal an Haydns bekanntester Melodie versucht, der früheren Kaiserhymne und dem späteren Deutschlandlied....
Es ist nicht ungewöhnlich, dass sich etablierte Filmregisseure an der Gattung Oper messen – häufig allerdings mit wenig Fortune. Den jüngsten Versuch unternahm Cédric Klapisch, ein Regisseur und Drehbuchautor, der mit Komödien wie dem Zweiteiler «L’auberge espagnole» internationale Erfolge erzielt hatte. Am Théâtre des Champs-Elysées in Paris inszenierte er Mozarts...
