Besichtigungen eines (Un)Glücks
Nein, die blaue Libelle fliegt hier nirgendwo hin. Wie auch, wo sie keine Flügel hat und weit und breit kein Gewässer zu sehen ist, stattdessen aber eine schäbige, mit Kritzeleien beschmierte Häuserfront im Dämmerlicht. An der lehnt, allein, einsam und nervös rauchend, die hinzuerfundene Mutter der Füchsin.
Augenblicklich wird klar, die «Libelle» (Alessia Aurora Rizzi) wartet an diesem unwirtlichen Ort, einem abgefuckten Amüsier -lokal mit dem Namen «Foxy’s», auf Kundschaft für ihren durch ein billiges, grünglitzerndes Minikleid nur spärlich verhüllten Körper, den sie benutzen und beschmutzen lässt, weil sie die Kohle braucht für das Heroin, das sie sich nach (unsichtbar) vollzogenem Geschlechtsakt in die Venen spritzt, um ein bisschen von jener Glückseligkeit zu empfinden, die ihr das Leben nicht zu bieten vermag.
Schon diese Eingangsszene lässt wenig Gutes hoffen. Und sehr bald wird auch deutlich, dass Peter Konwitschny für seine Inszenierung am Linzer Landestheater, zu der er selbst gemeinsam mit dem Dramaturgen Christoph Blitt eine neue deutsche Textfassung erstellt hat, auf Tiere gänzlich verzichtet. Janáčeks drittletzte Oper aus dem Jahr 1925 auf einen Bildroman, der weiland ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt Mai 2025
Rubrik: Im Focus, Seite 6
von Jürgen Otten, Gerald Felber, Markus Thiel
Was für ein famoses Experiment der Satire: Florian Leopold Gassmann wendet die Typenkomödie der Opera buffa, wie sie im Stegreiftheater der Commedia dell’Arte vorgebildet ist, auf die tragischen Heldengeschichten der Opera seria an. Letztere war anno 1769 zur Uraufführung von Gassmanns Satire «L’Opera Seria» am Burgtheater schon arg in die Jahre gekommen. Gluck...
Wiedersehen macht Freude. Bisweilen aber nur bedingt. Der Regisseur Jean-Louis Grinda war von 1996 bis 2007 Intendant der Opéra Royal de Wallonie. Seine klare Ausrichtung auf das italienische und französische Repertoire wirkt bis heute nach, wenngleich sich das Haus inzwischen auch slawischen und deutschen Werken öffnet. Desto befremdlicher, was der Ex-Chef nun mit...
Zwei Königinnen. Durch beider Adern fließt, wiewohl in unterschiedlicher Konsistenz, kobaltblaues Tudor-Blut, mithin der uneingeschränkte Wille zur Macht. Viel mehr als diese Neigung aber verbindet die Frauen nicht. Weder der Glaube (sei es der an Gott, den Allmächtigen, ans Leben selbst oder an die Liebe) noch die Weltanschauung. Maria Stuart, Schottlands...
