Albtraum da, Liebestraum dort

Zweimal Mozart: «Die Zauberflöte» in Frankfurt, «Don Giovanni» in Darmstadt

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Radikal entzaubert kommt sie daher, die neue Frankfurter «Zauberflöte», in steril-nüchternem Weiß. Als zeitgenössische Antwort auf Alfred Kirchners märchenhafte Kultinszenierung, die seit ihrer Premiere im Jahr 1998 fast ein Vierteljahrhundert auf dem Spielplan stand, ist diese karge Ästhetik keineswegs überraschend. Reduktion heißt das Zauberwort in Ted Huffmans Ausdeutung des Opernklassikers: kein Märchendekor, keine magische Bildermacht. Stattdessen eine Zimmerflucht mit gekrümmten Wänden und hohen Türen.

Ein Hotelkorridor? Eine labyrinthartige Wohnung? Mit kunstvollen Drehbühnenschwenks eröffnet Bühnenbildner Andrew Lieberman eine verwirrende Vielzahl verschachtelter Räume. 

Im Korridor kauert der von Albträumen geplagte Prinz. Die drei Damen stöckeln als glamouröse Partyqueens um ihn herum und vertreiben die Phantasmagorie der wilden Schlange. Huffman schildert die Geschichte aus Taminos Perspektive, als Rückschau auf vergangene traumatische Erlebnisse. Psychodrama also statt theatraler Magie, fokussiert und verschlankt – warum nicht? Zumal wenn das Damentrio (Monika Buczkowska, Kelsey Lauritano und Cláudia Ribas) eine solch grandiose Farbintensität aufweist und Dirigent ...

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Opernwelt 12 2022
Rubrik: Im Focus, Seite 23
von Silvia Adler

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