Absurde Bohème

Edison Denisovs «Schaum der Tage»: Jossi Wieler und Sergio Morabito engagieren sich in Stuttgart für ein vergessenes Meisterwerk

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Manchmal kommt die Überraschung auf leisen Sohlen, wie jetzt bei der spektakulären Wiederentdeckung von Edison Denisovs Oper L’Écume des jours (Der Schaum der Tage) in Stuttgart. Das 1986 in Paris erfolglos uraufgeführte und zuletzt 1994 in Mannheim gespielte Werk ist ein schillernder Solitär, der scheinbar leichtgewichtig stilistisch konträre Elemente wie Zwölftonmusik, Jazz und Chanson mischt.

Diese Offenheit hat viel mit Denisovs Vorliebe für die französische Kultur, mehr noch mit dem Stoff zu tun, der ihn zu seiner surrealistischen Oper inspirierte, Boris Vians Roman L’Écume des jours. In diesem 1947 erschienenen Kultbuch hat der früh verstorbene Bohemien, Schriftsteller, Jazztrompeter und Chansonnier Vian das Lebensgefühl der existenzialistischen Nachkriegsgeneration getroffen. Er erzählt hier mit Wortwitz und ironischen Schlaglichtern die bittersüße Liebesgeschichte von Colin und Chloé, die sich kennen und lieben lernen, heiraten, in den Tag hineinleben, bis in Chloés Brust eine Seerose wächst, an der sie stirbt. Colins Freund, der Büchernarr Chick, wird von Polizisten erschossen; seine Freundin Alise kommt bei der Brandstiftung um, die sie in einer Buchhandlung begeht. ...

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Opernwelt Januar 2013
Rubrik: Im Focus, Seite 8
von Uwe Schweikert

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