
Manuela Uhl (Marietta); Foto: Daniel Koch
Zombieparade
Obwohl sich Korngolds «Tote Stadt» – nach der Uraufführung 1920 ein Erfolg, im NS-Staat als «entartet» verbannt – schon seit den 1970er-Jahren wieder wachsender Beliebtheit erfreut: An der Semperoper Dresden hat es das Stück seit 1921 nicht gegeben. Die Neuinszenierung verantwortet David Bösch. Mit seinen eingespielten Ausstattungspartnern Patrick Bannwart (Bühne) und Falko Herold (Kostüme) sorgt er dafür, dass die Optik dem symbolistischen Libretto folgt. Der Witwer Paul bewohnt einen hohen Saal, der wohl einst herrschaftlich war, jetzt aber völlig heruntergekommen wirkt.
Links ein verhülltes Gemälde – Marie, seine verstorbene Frau –, rechts eine schmale Matratze und ein elektrischer Heizkörper. Überall hat Paul Fotos von Marie aufgestellt, Kerzen, blasse Rosen. Neben der Bettstatt ruht in einer Schatulle Maries gekappter Zopf.
Wo Paul am Tod hängt, versprüht seine neue Flamme Leben: Er schlurft mit Hängeschultern, die Tänzerin Marietta federt auf Turnschuhsohlen. Doch gegen den «Moder dieses Raums» kommt auch der Strauß blutroter Blüten nicht an, den Paul für sie besorgen lässt. Selbst der Theaterakt erinnert an einen Totensonntag – wenn auch einen mexikanischen. Zwar fliegt ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt Februar 2018
Rubrik: Panorama, Seite 40
von Wiebke Roloff
Sie wussten genau, was sie nicht wollten: eine Fortsetzung der «verjudeten», «verjazzten» Operette nämlich. Was allerdings genau an die Stelle der ungemein erfolgreichen Werke von Komponisten wie Emmerich Kálmán, Paul Abraham, Ralph Benatzky oder Friedrich Holländer treten sollte, dazu fiel den nationalsozialistischen Kulturfunktionären jenseits von ideologischer...
Es dauerte bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, bis Leo Tolstojs Geschichte der Anna Karenina auf die Opernbühne fand. Eine sexuell frustrierte Ehefrau aus besseren Kreisen als Opernstoff, das ging wohl erst nach Freuds Psychoanalyse. Doch dann war das Tabu gebrochen. Die ersten Dramatisierungen stammen von Salvatore Sassano (Neapel 1905) und Edoardo Granelli (Kiew...
Alles schrecklich gut gemeint – die Wahl des Stücks: Berlioz’ im deutschsprachigen Raum eher selten zu hörende Legende «L’enfance du Christ» (1854); das Timing der Aufführung: eine Woche vor Heiligabend; die szenische Einrichtung in der Berliner Philharmonie: Ein menschliches Antlitz wolle sie der Heilsgeschichte geben, tat die als Regisseurin engagierte...