Wer zerreißt Orpheus?
Die Zielrichtung der Oper ist zunächst etwas unklar. Einerseits wird sehr bald deutlich, dass sich um 1600 ein Medium etabliert, das wie kaum ein anderes für die höfische Repräsentation geeignet ist. Andererseits war es gerade dieser repräsentative Aspekt, der ganz essenziell mit Prachtentfaltung verknüpft war und den die frühen Autoren der Oper offensichtlich vermeiden wollten. Zwar ist die Annahme, die prachtvollen Florentiner Intermedien des 16. Jahrhunderts gehörten zu den wichtigsten Quellen der Oper, nicht von der Hand zu weisen.
Doch widerspricht die Erscheinungsform der frühen Opern diesen Intermedien so sehr, dass eher daran zu denken ist, hier sollte eine Gattung geschaffen werden, für welche die künstlerische Legitimation durch humanistische Bildungszirkel wichtiger war als die Legitimation durch den bei den frühen Opern noch gar nicht feststehenden Zweck. Obwohl es nur wenige Rezeptionszeugnisse gibt, scheint es doch so, dass das lange Deklamieren in diesen frühen Opern als eher unerfreuliche Erscheinung betrachtet wurde. Caccini etwa berichtete selbst, dass seine Oper «Il rapimento di Cefalo» deshalb nicht erfolgreich gewesen sei, weil man die Musik für langweilig ...
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Ein paar Tage vor dem Probenbeginn in München war sie spazieren. Unweit von Zürich, in der Nähe ihres Hauses, wo sie noch einmal den Kopf freibekommen wollte für die nächsten Wochen. Da durchfuhr sie ein merkwürdiges, ein überraschendes Gefühl: «Was ist denn das?», habe sie sich gedacht. «Auf einmal freue ich mich richtig auf die ‹Traviata›.» Und irgendwie, so...
Schlafwandlerin der Liebe ist Violetta nicht. Keine «Seele, die sich im Jenseits den Schlaf aus den Augen reibt», wie Alwa von Lulu schwärmt. Man mag derlei Gedankenspiele pflegen, weil Marlis Petersen 2003 mit der Titelfigur in Peter Konwitschnys Hamburger Inszenierung von Alban Bergs Oper ihren Durchbruch schaffte. Und weil sie nun in Graz erstmals die Traviata...
Dieser Carlo singt wahrhaft königlich. Sicher und strömend in allen Lagen, mit reizvoll verschattetem Tenor: Nikolay Dorozhkin nimmt als Dauphin, als noch ungekrönter König von Frankreich, das Publikum vom ersten Takt an für sich ein – zumindest vokal. Seine Darstellung ist weniger aufregend. Historisch war Karl VII. ein Zauderer, der tatenlos zugesehen hat, wie...