Wem die Stunde schlägt
Damals, 1836 in Sankt Petersburg, gab es nach dem Polenakt keinen Applaus. Trotz der prächtigen Tänze und Gesänge, mit denen Michail Glinka ihn in seiner neuen Oper servierte. Die Polen hatten schließlich erst sechs Jahre zuvor versucht, den russischen Zaren loszuwerden, der ihnen vom Wiener Kongress als König vorgesetzt worden war. Jetzt saß Nikolaus I. im Publikum und hatte gerade noch mal unterstrichen, wer hier der Chef war – indem er «Iwan Sussanin» in «Ein Leben für den Zaren» umbenennen ließ. Da konnte man schlecht schunkeln zur Mazurka.
Gut 190 Jahre später hagelt es an der Oper Frankfurt Buhs an ebendieser Stelle. Regisseur Harry Kupfer und Dramaturg Norbert Abels haben «Iwan Sussanin» in den Zweiten Weltkrieg verlegt, vor Moskau stehen die Deutschen. Ein Panzer reckt das Rohr in den Saal. «Berlin-Warschau-Moskau» hat man auf den Bug gepinselt. Die Deutschen singen deutsch. Unschlüssig ist das nicht. Doch ganz offensichtlich hat mancher ordentlich daran zu knabbern, den Nazi-Imperialismus so nachdrücklich aufs Brot geschmiert zu kriegen. Mag sein, dass einige auch aus mehr oder weniger spezifischen Bedenken in Sachen Werktreue mucken: Diese Sprachcollage ist ein unüberseh- ...
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Opernwelt Dezember 2015
Rubrik: Im Focus, Seite 10
von Wiebke Roloff
1956: einer der größten Skandale, die Bayreuth erlebt hat. Wieland Wagner inszenierte die «Meistersinger» ohne Nürnberg. Keine Butzenscheiben, kein Lokalkolorit, keine betulichen Bieder-Bürger, wie sie noch 1951 nach der Wiedereröffnung auf dem Grünen Hügel zu sehen waren. Der zweite Akt – nur eine sich nach hinten windende Pflasterstraße und eine große...
Jubilare
Bereits im Alter von vier Jahren sang sie im Kinderchor ihrer Heimatstadt Raleigh, North Carolina, erhielt ersten Gesangsunterricht als 14-Jährige und studierte schließlich an der University of North Carolina und der East Carolina University. Ihre professionelle Opernlaufbahn begann die Mezzosopranistin Jeanne Piland an der New York City Opera, wo sie bei...
Beethovens einzige Oper ist eine der revolutionären Manifestationen des Musiktheaters und zugleich eins seiner größten Sorgenkinder. Jossi Wieler und Sergio Morabito haben «Fidelio» jetzt in Stuttgart inszeniert – mit jener akribischen Versenkung in das Werk und seine Überlieferung, wie sie für die beiden selbstverständlich ist. In ihrer gemeinsam mit dem...