Verwirrung der Gefühle
Mit der Eröffnung des venezianischen Teatro di San Cassiano im Jahr 1637 für ein zahlendes Publikum wurde aus der hochartifiziellen höfischen Oper eine öffentliche, kommerzialisierte Kunstform. Zu den ersten Komponisten, die diesen Weg einschlugen, gehörte neben Benedetto Ferrari, Francesco Manelli, Francesco Sacrati und dem greisen Monteverdi auch Francesco Cavalli. Mit mehr als dreißig Bühnenwerken war er der eigentliche Schöpfer der venezianischen Oper, und doch ist der Nachruhm nicht ihm, sondern Claudio Monteverdi, dem Verfasser des «Ulisse» und der «Poppea», zugefallen.
Noch immer warten viele von Cavallis Werken auf ihre Wiederentdeckung; selbst die bedeutendsten unter ihnen wie «Giasone» (die vermutlich meistgespielte Oper im 17. Jahrhundert), «La Calisto», «Ercole amante» oder «Eliogabalo» sind nicht ins breite Bewusstsein vorgedrungen.
2021 präsentierte Vincent Dumestre den im Winter 1643 herausgekommenen «L’Egisto» an der Opéra Royal du Château de Versailles – nun ist der Mitschnitt in der hauseigenen CD-Reihe des Theaters erschienen. Die Hauptfiguren der Handlung sind Schäfer; sehr bukolisch, gar arkadisch geht es in Giovanni Faustinis Libretto jedoch nicht zu. Im ...
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Opernwelt Juli 2023
Rubrik: CDs, DVDs und Bücher, Seite 30
von Uwe Schweikert
Am Anfang sind da nur Blicke. Spinnenfeindliche, von gegenseitigem Hass durchtränkte Blicke. Hier die Königin von England, im jungfräulich weißen Ornat; dort die Königin von Schottland, ganz in Witwenschwarz gewandet (die wallenden, rauschenden, den Boden geräuschvoll fegenden Kostüme schuf Klaus Bruns). Um sie herum Stille und Leere: vielsagend. Denn zwischen...
Vergessen kann fatal sein. Wagners Siegfried etwa kostet vom Vergessenstrunk, den ihm Gutrune reicht – damit nimmt die Katastrophe in der «Götterdämmerung» unaufhaltsam ihren Lauf. Erst im Todeskampf wird er sich wieder erinnern, zu spät. Die spannende Frage, wohin ein Gedanke geht, wenn etwas vergessen wird – sie scheint nur Sigmund Freud interessiert zu haben....
Marta Gardolińska liebt das offene Wort. Bemerkenswert und rasant seien die Veränderungen im Musikgeschäft – anregende #MeToo-Debatten, neue Regeln über Parität an Opernhäusern, vor allem in Skandinavien, Fellowships für Dirigentinnen, von denen auch sie profitiert habe – mit einem Wort: Die Tore seien plötzlich offen gewesen, gerade in Frankreich, wo binnen...