Verstörend
Da geistert eine Figur durchs Geschehen, die haben sie in den Proben den «Tod» genannt. Später heißt er Hippolyte. Er taucht bald hier auf, bald dort. Verschwindet wieder, ist nicht greifbar. Geheimnisvoll, gespenstisch wird er zur heimlichen Hauptperson, zum Stichwortgeber, zum Drahtzieher. Der Tod, das muss ein Wiener sein? Man spielt den «Rosenkavalier» von Richard Strauss.
Ein Stück, so zeigt uns Regisseur Frank Hilbrich, das man keineswegs auf seine Rokoko-Atmosphäre reduzieren sollte.
Sondern das vor allem vom Lebensgefühl, von der Zerrissenheit des modernen Menschen kündet, von dem Gefühl des Zurückgeworfenseins des Menschen auf sein eigenes Selbst, von seinen Ängsten vor der Vergänglichkeit – seiner Hilflosigkeit gegenüber der Tatsache, dass «eine Sach’ ein End’ hat».
Für diese Sichtweise haben Hilbrich und GMD Yoel Gamzou eine Strichfassung erarbeitet, die mit behutsamen, in sich logischen Kürzungen dem Werk eine andere Stoßrichtung als üblich gibt. So wird Historisch-Zeitgebundenes eliminiert, etwa ein Großteil des Levers, dieser in barocken Adelskreisen üblichen morgendlichen Empfangszeremonie am Bett des Fürsten, von der nur die Arie des Sängers übrigbleibt. Auch ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt November 2019
Rubrik: Panorama, Seite 41
von Gerhart Asche
Kein Sonnenaufgang, keine Gewitterwolken, kein Regenbogen. (Fast) nur Schwarz und Weiß. In Tobias Kratzers Regie von Rossinis Mammut-Oper tragen die Unterdrückten Schwarz, mit weißen Hemden. Die Unterdrücker dagegen – genau wie die Gang um Alex in Stanley Kubricks Film «A Clockwork Orange» – Weiß, mit schwarzer Melone und schwarzen Stiefeln. Auf Rainer Sellmaiers...
Dieser Don Carlos ist schon ein seltsamer Kronprinz: Muskulös, im T-Shirt und mit schwarzer Fönfrisur, sieht er aus wie ein ragazzo di vita aus Filmen von Pier Paolo Pasolini. Und während er inmitten von Verdis Liebes- und Staatsaktion immer auf der Bühne weilt, scheint er doch fast unbeteiligt in seiner eigenen Welt zu leben. Es ist die Welt eines Todkranken, der...
Der Komponist fehlte. Auch der Regisseur war nicht vor Ort, als an der Opéra national du Rhin nach der Premiere von «4.48 Psychosis» der Applaus losbrach. In atemlose Stille – als helfe das Klatschen dabei, ins Diesseits zurückzufinden nach dem vergeblichen, von Schreien, Flüstern und pochendem Schweigen perforierten Kampf gegen die Übermacht der Depression, den...
