Verniedlicht

Hamburg, Händel: Radamisto

Opernwelt - Logo

Mit der vor zwei Jahrzehnten verwegenen These, dass Händel wie Monteverdi, Mozart und Verdi zum Kreis der herausragenden Opernkomponisten gehöre, begann Winton Dean seine Studie über Händels Opern. Sie fand ihre Bestätigung durch Dutzende Aufnahmen, die von William Christie, Alan Curtis, René Jacobs und Nicolas McGegan vorgelegt wurden. Dem Vertrauen in die Musik setzten die regieführenden Jungtürken ihre Skepsis gegen die «unzeitgemäße» Opera seria entgegen.

Oft wird in der Denkfabrik der Programmhefte auf die politischen Aspekte der Händel’schen Opern, etwa das Fehlverhalten der Mächtigen, hingewiesen – bei der Hamburger «Radamisto»-Aufführung von dem Politologen Udo Bermbach –, ohne dass durch die Inszenierungen ein Zeitgeflecht hergestellt würde, das die auf ökonomische Weise vollzogene Refeudalisierung der heutigen Gesellschaft thematisieren würde. Aus dem Tyrannen Tiridate, der um seiner sexuellen Obsessionen willen einen Krieg anzettelt, wird so schnell ein Slapstick-Rocker.
Wirklicher Fortschritt, sagte Brecht, ist nicht Fortgeschrittensein, sondern Fortschreiten. Von Fortschreiten war in der Hamburger «Radamisto»-Inszenierung von Marco Marelli (Regie, Bühnenbild, Licht) und ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt August 2007
Rubrik: Panorama, Seite 49
von Jürgen Kesting

Vergriffen
Weitere Beiträge
Liebe in Zeiten des Phlegmas

Das Bild ist ein bekanntes, nicht nur, weil Edward Hopper es in verschiedenen Varianten gemalt hat. Einsam dort ein Mann, nächtens, in irgendeiner Bar irgendwo, den Kopf schwermütig auf den blankgewienerten Tresen gelehnt, niemand mehr ist da außer ihm und dem Wirt. Ein Gestrandeter, am Leben Verzweifelter, ein Mann, der die Welt nicht mehr versteht. Doch da ist...

Wahnsinn und Wahrheit

Ist der Mann verrückt? Nein, ist er nicht. Er hat nur einen ausgeprägten Hang zum Abseitigen. Zudem ist er Brite, somit ausgestattet mit einem sehr speziellen Humor; einem Humor übrigens, von dem man sich in deutschen Neue-Musik-Kreisen durchaus eine Scheibe abschneiden könnte. Mit anderen Worten: Sucht man in der europäischen Szene einen Komponisten, der gegen das...

Verdi: La traviata

Die Erfurter Neuinszenierung von Verdis «La traviata» – kurzfristig für einen ursprünglich mit Johann Kresnik geplanten «Maskenball» ins Programm geschoben – war spektakulär wegen des Deutschland- und Rollendebüts der jungen lettischen Sopranistin Marina Rebeka, die mit erstaunlicher musikalischer wie szenischer Selbstsicherheit die Titelpartie übernahm. Rebeka...