Verführer in der Konzernzentrale
An einer streng traditionellen «Don Giovanni»-Inszenierung, die allerdings mit höchster Präzision und psychologischer Durchdringung erarbeitet werden muss, könnte man erkennen, wie eine scheinbar fest geordnete Gesellschaft durch Außerkraftsetzen von Ordnung und Moral zerstört wird. Das Ancien Régime war so eine Sozietät, die Mozart im Blick hatte, als er seinen «Wüstling» auf die Gesellschaft losließ. Don Giovanni benötigte keinen Sprengstoff am Körper, um seine Welt in die Luft zu jagen.
Er selbst war der Sprengstoff, der mit seiner immoralischen Verhaltensweise die psychischen und sozialen Strukturen einer Gesellschaft zersetzt, der er selbst angehört.
Das ist natürlich kein Sex-Drama, als das die Oper gern ausgegeben wird, speziell in unseren sexistischen Zeiten, weshalb die meisten «Don Giovanni»-Darstellungen vorwiegend flachköpfig wirken. Der Eros ist nur ein Kampfmittel, mit dem Don Giovanni sein Zerstörungswerk in Gang setzt, allerdings sein wichtigstes. Wobei zu bedenken ist, dass er ja nicht wie ein simpler Verbrecher diese Zerstörung will: Er wählt halbbewusst den Umweg über die hemmungslose Durchsetzung eines individuellen Freiheitswillens. Die Folgen sind ihm, ob ...
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Herr Salminen, können Sie noch überblicken, wie viele Sarastros und Gurnemanze Sie im Verlauf Ihrer Karriere gesungen haben?
Da dürfte eine ganze Menge zusammenkommen. Seit ich diese Partien auf der Bühne singe, bin ich eigentlich jedes Jahr für einige Vorstellungen engagiert worden. Wobei der Gurnemanz ja erst ziemlich spät zu mir gestoßen ist. Und er wird...
Der Vorwurf, dass man in eine Dichtung etwas ‹hineingelegt› habe, wäre ihr stärkstes Lob. Denn nur in jene Dramen, deren Boden knapp unter ihrem Deckel liegt, lässt sich beim besten Willen nichts hineinlegen», schrieb Karl Kraus. Auch auf Mozarts «Idomeneo, rè di Creta» und die beiden Inszenierungen des Werks in Wien und Graz ließe sich dieses Zitat anwenden. Willy...
Es war das Jahr 1944. Ich selbst, mit fünfundzwanzig Jahren äußerst musikinteressiert und zwar hauptsächlich an Opern, erhielt meine erste Anstellung bei einer großen Zeitung in Stockholm. Der Musikkritiker des Blattes hatte den guten Einfall, sich für «Hausmusik» einzusetzen. Zwei junge Damen sollten auftreten: eine Gesangschülerin, sechsundzwanzig, und ihre...