Unter Wert

Bielefeld: Zemlinsky: Der König Kandaules

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Als Zemlinsky zu Beginn seines amerikanischen Exils im Januar 1939 von einem Reporter der «New York Times» auf seine neueste Oper angesprochen wurde, antwortete er zögerlich: «It is ultra modern». Das 1935 bis 1938 im Particell entworfene, aber nur zu Teilen instrumentierte Werk – es hätte sein opus summum werden sollen – blieb unvollendet. Anthony Beaumont hat die Partitur vervollständigt, und in dieser Form kam «Der König Kandaules» 1996 an der Hamburger Staatsoper zur Uraufführung.

Das Stück geht in der Tat – musikalisch wie in der Stoffwahl – über die Wiener Moderne und die Schönberg-Schule, zu deren Vorgeschichte Zemlinsky gehört, hinaus. Das macht den Umgang mit ihm noch immer nicht gerade leicht.

Man hat dem Bekenntniswerk, das auf ein Theaterstück André Gides zurückgeht, Eklektizismus vorgeworfen. Gewiss, Zemlinskys Musik ist stilistisch heterogen, aber in ihrem bewussten Rückgriff auf die unterschiedlichsten Modelle – auch eigener Kompositionen – alles andere als wahllos, und schon gar nicht schielt sie, wie die der Zeitgenossen Schreker oder Korngold, nach dem schnellen Erfolg. In ihrer bewussten Artifizialität, ihrer suggestiven Klangsinnlichkeit reflektiert sie vielmehr ...

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Opernwelt August 2010
Rubrik: Panorama, Seite 41
von Uwe Schweickert

Vergriffen
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