
Foto: Ruth Walz
Unter Beschuss
Der Boden schwankt. Da entgleitet etwas. Bereits im ersten Takt von Alban Bergs «Wozzeck» enthüllt die Partitur das Innerste dieser Oper: Zwei Akkorde in den Streichern, durch ein Glissando verbunden, bringen Form und Inhalt auf den Punkt. «Er macht mir ganz schwindlich», grantelt der Hauptmann wenig später zu Wozzeck, und genau diesen schwindelerregenden Wahn suggeriert die Musik von Anfang an; er wird konstituierend für das gesamte Stück. Und schwindelig könnte auch dem Publikum im Salzburger Haus für Mozart werden, das sich William Kentridges Bilduniversum aussetzt.
Denn der visionäre Schwarzmaler und Multimedia-Magier aus Südafrika beschießt die beengte Simultan-Bühne mit Collagen, Animationen, Filmen, Installationen, den Fratzen des Kriegs und den Angstbildern der Hilflosen. Gasmasken, Ruinen. Suchscheinwerfer durchschneiden die Nacht, ein Luftschiff schwebt drohend über den Köpfen, ein Kampfflugzeug bohrt sich in den Boden einer zerstörten Landschaft. Kentridge rekurriert vor allem auf jene animierten Kohlezeichnungen, die – in sisyphushafter Arbeit geschaffen – zu seiner Trademark wurden. Die Musik des «Wozzeck» fordere das Körnige, die Unklarheit, die Verschwommenheit der ...
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Opernwelt September/Oktober 2017
Rubrik: Im Focus, Seite 9
von Gerhard Persché
Fotografie bedeutet für Bernd Uhlig vor allem: Kampf mit dem Rechteck. «Das ist die Form, mit der ich seit Urzeiten arbeite und die ich ständig neu auszureizen versuche», sagt er. Das ist eine unendliche Geschichte: alle Spielräume zu nutzen, die Begrenzung zu sprengen – ich glaube, wenn mir dazu nichts mehr einfällt, ist es vorbei.» Bernd Uhlig, geboren 1951 in...
Herr Breslik, Fenton, Alfredo – ist das das Verdi-Terrain, über das es nicht hinausgehen soll?
Genau, mehr will ich noch nicht wagen. Vielleicht, wenn ich mal die 40 überschritten habe, den Duca. Don Carlo oder Gabriele Adorno, dahin werde ich wohl nie kommen – aber wer weiß? Wenn die Stimme an Breite gewinnt, und dies ganz natürlich passiert, ohne dass man...
Für Leoncavallos «Zazà» hat sich im vergangenen Sommer bereits Mark Elder mit seiner Opera rara-Einspielung starkgemacht – der Verismo-Vierakter (1900) war nach einem beachtlichen internationalen Anfangserfolg in den 1920er-Jahren aus der Mode gekommen. Jetzt zeigt Opera Holland Park in London, dass die Künstleroper mehr ist als eine «Traviata» zweiter Klasse....