Ungefähre Welt
Seine große Zeit als Metapher hatte der deutsche Wald im 19. Jahrhundert. Am Beginn des 20. mutierte er dann zum psychoanalytisch gedeuteten Motiv, etwa bei Schönbergs sperrigem Monodram «Erwartung» (1909), aber auch in Ethel Smyths Musiktheater «Der Wald» von 1902. In Wuppertal kombinieren Regisseur Manuel Schmitt und GMD Patrick Hahn beide Bühnenwerke miteinander.
Zu Lebzeiten war Smyth weithin anerkannt, vor allem in Deutschland fasste sie zeitweilig Fuß: Die Kurzoper «Der Wald» etwa kam immerhin am Königlichen Opernhaus Berlin zur Uraufführung.
Aber wie so vielen bescherte die Zäsur des Zweiten Weltkriegs auch dieser Komponistin ein langes Vergessen-Werden. Julia Katharina Berndts Bühne zeigt ausgehend von einem Hotelfoyer fluide, sich verändernde Räume, deutet Naturhaftes aber lediglich mit Bühnennebel an. Hinter dem Foyer tun sich zu Beginn des «Walds» geheimnisvolle Weiten auf, der Lobbyraum multipliziert sich dann, immer weiter verkleinert, nach hinten – bis ins Ungefähre.
Im stummen Vorspiel von Schönbergs «Erwartung» betritt eine Frau eine menschenleere Hotel-Lobby. An der Wand über dem Tresen hängt ein expressionistisches Gemälde in Blautönen, schemenhaft sind darauf ...
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Opernwelt Juni 2024
Rubrik: Panorama, Seite 47
von Regine Müller
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