Überströmend
Der Dunst der Dekadenz schwebt über den üppig orchestrierten Klängen des Italo Montemezzi. «L'amore dei tre re» atmet die Schwüle des Fin de Siècle. Am 10. April 1913 wurde das Poema tragico an der Mailänder Scala gleichwohl zu einem Uraufführungstriumph, der kurz darauf vom Erfolg der (von Arturo Toscanini an der Met dirigierten) USA-Premiere noch übertroffen wurde.
Das ist insofern bemerkenswert, da ja der späte Puccini am Hudson River mit seinen dort aus der Taufe gehobenen Opern «La fanciulla del West» und «Il Trittico» als Platzhirsch im zeitgenössischen italienischen Repertoire das Terrain beherrschte. In New York blieb Montemezzis Meisterwerk über 25 Jahre im Repertoire, was zu enormer Prominenz des aus einem Dorf nahe Verona stammenden Komponisten führte, der sich nach der Eheschließung mit der wohlhabenden amerikanischen Erbin Katherine Leith gar in der Neuen Welt niederließ.
Die Lübecker Erstaufführung macht nun immerhin musikalisch verständlich, warum der Musikwissenschaftler Donald Jay Grout sich in seinem Klassiker «A Short History of Opera» anno 1947 zu dem Urteil hinreißen ließ, «L'amore dei tre re» sei ohne jeden Zweifel die größte italienische tragische Oper seit ...
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Opernwelt 7 2022
Rubrik: Panorama, Seite 61
von Peter Krause
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