Tragik der Landeier
Vrenchen und Sali könnten glücklich sein. Wenn sie nicht das Pech hätten, aus zwei verfeindeten Bauernfamilien zu stammen. Und sie die gehässige Gesellschaft nicht in den Tod triebe. So funktioniert die gängige Lesart von Gottfried Kellers berühmter Novelle «Romeo und Julia auf dem Dorfe». Frederick Delius hat in seiner gelegentlich wieder aufgeführten Oper die sozialen Zusammenhänge in den Hintergrund geschoben und sich auf das Liebespaar konzentriert.
In Bielefeld, der Stadt, aus der die Familie des Komponisten stammt, zeigt Regisseurin Sabine Hartmannshenn das Paar ganz ohne Romantik, als zwei Menschen, die sich ineinander verlieren, von der Welt abkapseln und aus eigener Schuld in einem Alptraum versinken.
Theoretisch ist das Konzept schlüssig. Die üppige, spätromantische Klangsprache von Frederick Delius braucht keinen szenischen Realismus. Auch wenn die Bielefelder eine für mittlere Musiktheater erstellte, reduzierte Instrumentierung aufführen, bleibt ein Eindruck von Opulenz, auch in der Vielfalt der Mittel. Manche Harmonien erinnern an Wagners «Tristan», ruppige, prägnante Effekte an den Verismo, auch der Einfluss amerikanischer Balladen – Delius lebte einige Jahre als ...
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Opernwelt März 2015
Rubrik: Panorama, Seite 43
von Stefan Keim
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