Tenorale Hammerwürfe

Charles Castronovo besingt noble Renegaten, Pene Pati eifert Pavarotti nach

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Am Abend des Jahres 1837 ging an der Pariser Oper der Tenorgesang eine freundliche Allianz mit der Athletik ein. Und zwar dank Gilbert Louis Duprez als Melchthal in Rossinis «Guillaume Tell»: In der Arie «Asile héréditaire» schleuderte er ein ut de poitrine, ein aus dem Brustregister gestemmtes hohes C, in den Raum wie ein Hammerwerfer sein Gerät. Es war quasi die Geburt jenes ténor fort oder tenore di forza, dessen Vorzüge in der unwiderstehlichen Durchschlagskraft liegen.

Lyrische Tenöre, die sich in diesen Kreis wagten, ernteten oft Spott – wenn etwa ein Lirico-Radames schon mal als «Nemorino in Ägypten» belächelt wurde.

Solche Häme braucht Charles Castronovo nicht zu fürchten, obwohl seine Karriere im lyrischen Repertoire und mit Mozart begann. Seine erste Partie im italienischen Fach war im Frühtau seiner Karriere der Beppe in «Pagliacci», mittlerweile tummelt er sich längst im Spinto-Reich, singt 2025 etwa an der New Yorker Met den Gustavo im «Ballo in maschera». Auf seinem neuen Album «Noble Renegades» putzt Castronovo gern den tenore di forza heraus und lässt den porträtierten Rebellen viel vokales Testosteron zukommen. Dabei gerät er aber auch an die Grenze zum ...

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Opernwelt Januar 2025
Rubrik: Medien, Seite 28
von Gerhard Persché

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