Surreales Ideentheater
Schon nachvollziehbar, dass just diese Oper zu den Lieblingsstücken Adolf Hitlers gehörte.
Denn jenseits der in ihrer schwermütigen Melodik und manchmal auch plakativen Machart an den italienischen Opernnaturalismus – Verismo – erinnernden Musik birgt die Fin-de-Siècle-Geschichte viel Treibstoff für eine «Blut und Boden»-Ideologie: Unverdorbener Junge – Pedro – aus unberührter Bergwelt trifft auf dekadente Urbanisation und setzt sich schließlich durch gegen die intrigante, verdorbene Welt, vor der er sich nur durch die Rückkehr in seine heile Welt retten kann, freilich nicht mehr alleine, sondern mit geläuterter Frau – Marta.
Nicht zuletzt deshalb wohl sind die Aufführungszahlen von «Tiefland» – Eugen d’Alberts ehedem so populärer Oper von 1903 nach einem katalanischen Schauspiel – zuletzt eher spärlich gewesen. Und nicht zuletzt deshalb verweist Regisseurin Katharina Wagner – auch sie weiß ein Lied von kontaminierten Stoffen und Namen zu singen – auf das historisch-politische Assoziationsgeflecht in Zusammenhang mit diesem Stück. Bei einer Figur wie dem herrischen Macho und Großgrundbesitzer Sebastiano, der sich des Missbrauchs an Marta seit ihrer Kindheit schuldig gemacht hat, ...
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Opernwelt Mai 2011
Rubrik: Panorama, Seite 44
von Alexander Dick
Mit realistisch ausgerichtetem Musiktheater würde man sich bei Mozarts «Idomeneo» mit seiner noch in vielem den Abläufen der alten Opera seria geschuldeten Form schwer tun. So verzichtete Kay Kuntze in seiner Bremer Regiearbeit denn auch auf wirklichkeitsgetreues szenisches Abbilden und verlegte sich auf eher rational durchgestaltete Bewegungsabläufe von...
«Trau keinem über dreißig!», war die Devise der Achtundsechziger. Die aufbegehrenden Studenten wussten, welch reaktionäre Seilschaften hinter den Kulissen manch altehrwürdiger Institutionen immer noch ihr Unwesen trieben. Die Verfehlungen der Vergangenheit sollten aufgedeckt werden, ebenso deren Weiterwirken; es galt, die Fassaden der Macht zu brechen. Dass die...
Man muss schon ein Kenner oder Liebhaber der Wiener Operette nach 1900 sein, um heute noch etwas mit dem Namen Leo Fall anfangen zu können. Selbst umfangreiche Musiklexika und Musikenzyklopädien schenken diesem Komponisten eher peripher Aufmerksamkeit, im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen Franz Lehár oder Emmerich Kálmán. Ein historisches Paradoxon: Denn zu...
