Surreale Drohkulisse
Der Ausgangspunkt war Gertrude Stein. Eigentlich wollte Pascal Dusapin eine Kammeroper über «Doctor Faustus lights the Lights» schreiben. Doch dann platzte Robert Wilson mit einem Stein-Faust-Projekt in die Vorarbeiten. So blieben die Skizzen unerledigt liegen. Die Figur ließ den Komponisten allerdings nicht mehr los.
Einen Auftrag der Berliner Staatsoper in der Tasche, wählte Dusapin schließlich Marlowes Faust-Drama, um sich seinen eigenen Libretto-Reim auf den Doktor zu machen – unter Einbeziehung diverser Text- und Motivsplitter aus Shakespeare, Blake, Melville und Beckett. Faust und Mephisto treffen in dem 90-Minuten-Stück auf Sly und Togod – und einen Engel, der in schrillen Koloraturen Unheil prophezeit: moderne Heimatlose, geistig Entwurzelte auf der Suche nach Sinn. Eine surreale menage à cinq, um die Dusapin ein engmaschiges Netz flächiger Streicherklänge und eruptiver Bläserkürzel zieht.
Jonathan Stockhammer peitscht mit dem Orchestre de l’Opéra de Lyon die (meist in drei- bis vierfachem Pianissimo notierte!) Musik zu einer labyrinthischen Drohkulisse auf, aus der es für die sprechsingenden Solisten kein Entrinnen gibt. Wie bei der Berliner Uraufführung (siehe OW ...
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