Surreale Drohkulisse

Pascal Dusapins «Faustus, the last Night» in einem DVD-Mitschnitt aus Lyon

Opernwelt - Logo

Der Ausgangspunkt war Gertrude Stein. ­Eigentlich wollte Pascal Dusapin eine Kam­mer­oper über «Doctor Faus­tus lights the Lights» schreiben. Doch dann platzte Robert Wilson mit einem Stein-Faust-Projekt in die Vorarbeiten. So blieben die Skizzen unerledigt liegen. Die Figur ließ den Komponisten allerdings nicht mehr los.


Einen Auftrag der Berliner Staatsoper in der Tasche, wählte Dusapin schließlich Marlowes Faust-Drama, um sich seinen eigenen Libretto-Reim auf den Doktor zu machen – unter Einbeziehung diverser Text- und Motiv­splitter aus Shakespeare, Blake, Melville und Beckett. Faust und Mephisto treffen in dem 90-Minuten-Stück auf Sly und Togod – und einen Engel, der in schrillen Koloraturen Unheil prophezeit: moderne Heimatlose, geis­tig Entwurzelte auf der Suche nach Sinn. Eine surreale menage à cinq, um die Dusapin ein engmaschiges Netz flächiger Streicherklänge und eruptiver Bläserkürzel zieht.
Jonathan Stockhammer peitscht mit dem Orchestre de l’Opéra de Lyon die (meist in drei- bis vierfachem Pianissimo notierte!) Musik zu einer labyrinthischen Drohkulisse auf, aus der es für die sprechsingenden So­lis­ten kein Entrinnen gibt. Wie bei der Ber­liner Uraufführung (siehe OW ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt August 2007
Rubrik: DVDs, Seite 19
von Albrecht Thiemann

Vergriffen
Weitere Beiträge
Der Unbeirrbare

Nach der Maxime Senecas, dass «wahre Freude eine ernste Sache» ist, hat ­Ulrich Schreiber gelebt und gearbeitet. Er war nicht ganz unschuldig daran, dass ich mein Berufsleben bei der Kölner Electrola begann. Dort habe ich ihn als Theater- und vor allem als Schallplatten-Kritiker der «HiFi-Stereophonie» erlebt, von dem nichts weniger zu erwarten war als...

Liebe in Zeiten des Phlegmas

Das Bild ist ein bekanntes, nicht nur, weil Edward Hopper es in verschiedenen Varianten gemalt hat. Einsam dort ein Mann, nächtens, in irgendeiner Bar irgendwo, den Kopf schwermütig auf den blankgewienerten Tresen gelehnt, niemand mehr ist da außer ihm und dem Wirt. Ein Gestrandeter, am Leben Verzweifelter, ein Mann, der die Welt nicht mehr versteht. Doch da ist...

Prinzip Hoffnung

Zwar reicht die Auto­bahn endlich ganz bis zur drittgrößten, 180 000 Einwohner zählenden Stadt Ungarns, doch empfängt Miskolc seine Gäste zunächst mit einem Dschungel real­sozialistischer Plattenbauten. Schlagartig wird angesichts dieser Kulisse klar, dass zahlungskräftiges Pub­likum hier nur Mangelware sein kann. Vor sieben Jahren haben sich die damaligen Leiter...