Schluss mit dem Jubiläumsrummel!
Man hätte sich schon hinter den sieben Bergen verstecken müssen, tief in einer Höhle, in mönchischer Klausur. Nur so wäre einem im vergangenen Jahr der 100. eines gewissen Komponisten entgangen. Für den Fall, dass Sie zu den der Welt Abhandengekommenen gehören und nun auf wundersame Weise ein Exemplar dieser «Opernwelt»-Ausgabe vor Augen haben: Es ging um Leonard Bernstein! Wir anderen hatten keine Chance, das Getöse zum runden Wiegenfest zu überhören.
Zum Beispiel wurde plötzlich überall «Candide» gegeben. Wirklich überall.
Ein Stück, dem man vorher so selten begegnete wie Demut und Bescheidenheit bei einem Maestro. Ein Stück, das bald wieder in der Mottenkiste der Musikgeschichte landet – bis der nächste kalendarische Vorwand ansteht, um Bernstein zu feiern. «Candide» ist gewiss eine ordentliche Operette, aber der 2018 mit unzähligen Vorstellungen gepushte Aufstieg zum «verkannten Meisterwerk» dürfte nicht lange währen. Bald wird kaum noch jemand von diesem «Meisterwerk» reden.
Vor sechs Jahren war der 100. von Benjamin Britten dran. Man konnte sich kaum retten vor «Peter Grimes»- und «Billy Budd»-Produktionen. Überhaupt kam es 2013 knüppeldick: 200 Jahre Verdi, 200 Jahre ...
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Opernwelt März 2019
Rubrik: Zwischenruf, Seite 65
von Christopher Gillett
Der Mord ist sorgsam vorbereitet. Kein Hörspiel könnte das besser, subtiler, spannender hinkriegen. Zuerst führt der Mörder sein Opfer in die allerschönste Natur. Dort singt er es – im Schatten von Myrthen – in den Schlaf. Die Arie, mit der das geschieht, ist Teil einer infamen Taktik, aber sie streichelt unser Ohr mit größter Zärtlichkeit. Der Text spricht von...
Nein, diese Senta träumt nicht. Diese Senta ist ein Trotzkopf, stets im Hier und Jetzt. Ein Wimmelkind, das sich nicht bändigen lässt, weil es seinen eigenen Willen hat und den, zur Not wider jede Vernunft, durchsetzt. Schon als kleines Mädchen. Kaum ist der erste Sturm durch die Ouvertüre gebraust, kaum strömt das tannhäuserhafte F-Dur-Andante mit dem...
Alban Berg würde sich wundern. Und vielleicht sogar zustimmen. Denn was Detlef Heusinger aus dem fragmentarisch überlieferten Material des dritten «Lulu»-Aktes gemacht hat, ist – wie die jetzt am Bremer Theater erfolgte Uraufführung dieser Fassung zeigte – eine höchst beachtenswerte, ebenso fantasievolle wie punktgenau durchdachte Alternative zu Friedrich Cerhas...
