Samt und Seide
Kultur gleicht manchmal einem Mädchen, das einen reichen Alten heiratet und heuchelt, es sei Liebe – wenn sie nämlich so tut, als gehe es ausschließlich um Höheres. Ihren wahren Charakter (den Warencharakter) zeigt sie indes, wenn ein «Event» ansteht wie jener im April in Wien mit Gaetano Donizettis «Anna Bolena» an der Staatsoper, der ersten Aufführung des Werks an diesem Haus überhaupt.
Medienhype, exorbitante Schwarzmarktpreise und eine Hundertschaft von Optimisten mit «Suche-Karte»-Schildchen vor der Premiere, von denen die meisten sich schließlich doch mit der Übertragung auf den großen Bildschirm draußen vor der Tür auf dem Karajan-Platz begnügen müssen. Oder mit dem Rundfunk, der ebenfalls live überträgt.
Arte zeigte, vielleicht auf Anregung von Mitbegründer Dominique Meyer, dem jetzigen Staatsoperndirektor in Wien, drei Tage später die zweite Vorstellung. Überdies kam die Aufführung als erste Live-Übertragung der Staatsoper nach dem Vorbild der Met in über 90 europäische Lichtspieltheater von Großbritannien über Spanien und Italien bis Russland. Dies vor allem Anna Netrebkos und Elina Garancas wegen: eine Primadonnen-Konstellation, die sich schon im Vorjahr bei «Carmen» ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt Mai 2011
Rubrik: Im Focus, Seite 6
von Gerhard Persché
Während ARD und ZDF längst keine ganzen Opern mehr ausstrahlen, blüht die Gattung auf arte. Neben den ohnehin regelmäßigen Übertragungen haben sich die Programmplaner für den Monat Mai etwas Besonderes ausgedacht. Weil am 7. und 8. Mai 2011 die «Europäischen Operntage» stattfinden, an denen sich über 100 Häuser des ganzen Kontinents beteiligen, sendet arte am 7....
Auf einen Sturm und peitschendes Wasser wartet man vergeblich. Der neue «Otello» in Heidelberg, die erste Arbeit des Regisseurs Alexander Fahima an einem größeren Stadttheater, ist das Gegenteil einer realistischen Lesart: abstrakt und stilisiert bis in die Kostüme. Bühnenbildner Bart Wigger hat eine schwarz geteerte Mauer aus Holz errichtet. Anklänge an die...
Ach, Aida, wie siehst du nur aus! So ruft unsere innere Stimme, als Gweneth-Ann Jeffers die Bühne betritt, mit einer Ledermappe in der Hand und müder Miene, in miserabel sitzender Kniehose und Oma-Gerda-aus-Pusemuckel-Bluse. Eine Sklavin ist sie nicht, die äthiopische Königstochter, aber eben auch keine Königstochter mehr. So wie Amonasro, ihr auch vokal...
