Nicolai: Die lustigen Weiber von Windsor

München

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Zur Ouvertüre wähnt man sich im fal­schen Stück: Ist das nicht der «Sommernachtstraum», der da auf einer dem Shakespeare’schen Globe-Theatre nachempfundenen Bühne (Caroline Neven Du Mont) gespielt wird – unter lebhafter Beteiligung des Volkes auf den Rängen? Doch auf einmal kommt es zur Revolte. Die Schauspieler – allesamt männlich, auch in den Frauenrollen, wie im Elisabethanischen Theater üblich – werden von der Bühne gefegt und ein Transparent entrollt: «Heute – Die Lustigen Weiber – mit echten Weibern». Was für ein schöner, ironischer Auftakt.

Den ganzen ersten Akt hält Julia Riegel dieses Spiel auf zwei Ebenen durch, indem sie die etwas geschwätzigen originalen Dialoge radikal einkürzte, aber um Shakespeare-Zitate und -Querverweise bereicherte. Dann verschwinden allmählich immer mehr Teile des Theaters auf dem Theater, bis am Ende nur noch ein Rundhorizont mit einer angedeuteten Aue übrig bleibt. Pralle Komik und Poesie, Travestie und tief empfundenes Gefühl haben nebeneinander Platz, wie auch Otto Nicolais Partitur virtuos auf einer Klaviatur der verschiedensten Stile und Tonfälle spielt.
Adrian Müller ist ein denkbar guter Anwalt für diese oft unterschätzte Partitur. Denn er ...

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Opernwelt Dezember 2006
Rubrik: Kurz berichtet, Seite 55
von Klaus Kalchschmid

Vergriffen
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