Nicht bloß auf einen Kaffee
Es ist Oktober. Festivalzeit im irischen Küstenörtchen Wexford. In den Pubs plaudern Herren in black tie und Damen in Abendrobe mit Locals in Jogginghosen. Der Wind saugt die letzten Blätter aus dem kleinen Hain, den Opernenthusiasten auf der Ferrybank gepflanzt haben – ein Bäumchen für jedes neue Stück – und weht waagerechte Regenfäden über den River Slaney. Herbstnassgrau glänzen die Fassaden. Über den Dächern leuchtet stolz der Bühnenturm: Irlands einziges echtes Opernhaus darf sich neuerdings «Irish National Opera House» nennen.
Drinnen setzt Antoine Mariottes «Salomé» (1908) einen Strauss-Kontrapunkt; Kevin Puts’ «Silent Night» (2011) erinnert an den Ersten Weltkrieg. Für die ausgleichende gute Laune sorgt Antonio Cagnonis «Don Bucefalo» (1847).
Während Mariottes Musik den kleinen Saal mit dickflüssigen Wogen französischer Dekadenz tränkt, kredenzt Regisseurin Rosetta Cucchi die Story um die mordlüsterne Königstochter wie einen schwülen Hollywood-Blockbuster. Zwischen Palastmauern und Orienteppichen räkelt sich Salome in einem fleischfarbenen, hautengen Ganzkörperanzug, so dass sie auch dann noch vollständig bekleidet ist, nachdem sie sich tanzend ihrer Schleier entledigt hat ...
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Opernwelt Dezember 2014
Rubrik: Magazin, Seite 68
von Wiebke Roloff
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Meyerbeer und die Grand opéra – in der Musikwissenschaft sind das inzwischen vielbeachtete und -bearbeitete Themen. Die Initialzündung gab 1991 ein Symposium in Thurnau. Seither vergeht kaum ein Jahr, in dem nicht mindestens eine Konferenz irgendwo auf der Welt speziell den Komponisten oder sein Genre in den Fokus nimmt. Zum 150. Todestag des Berliners taten das...
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